Die Insel Chejo ( Jeju-do )

 

Chejo-do (Jeju) ist seit der Altsteinzeit besiedelt und gehört spätestens seit dem 10. Jahrhundert zu Korea. In alter Zeit existierte auf der Insel das legendäre Königreich Tamna, während des Paekche-Reiches bestanden freundschaftliche Beziehungen zwischen Tamna und Paekche und später auch Shilla. Über die Beziehungen zwischen der Insel und dem Festland ist darüber hinaus wenig bekannt, auch wenn es Hinweise auf Handelsbeziehungen mit Paekche, Shilla, Kokoryo und auch mit der chinesischen Han – Dynastie gibt. 938 kam die Insel unter die Oberhoheit der damals herrschenden Koryo - Dynastie. Die Verwaltung des Bezirks Tamna, wie es damals hieß, wurde jedoch den Inselbewohnern überlassen. Im Jahre 1211 wurde Tamna, was Insel heißt, in Chejo umbenannt, was soviel wie der „Distrikt da drüben" bedeutet.

Von 1275 an wurde die Insel knapp 100 Jahre von den Mongolen kontrolliert, die dort hauptsächlich Pferdezucht betrieben.

In Europa wurde Chejo-do (Jeju) zum Teil unter dem Namen Kaeparh zum ersten Mal durch den Niederländer Hendrick Hamel bekannt, der im Jahre 1653 mit 37 anderen Seeleuten Schiffsbruch vor der Insel erlitt. Hendrick Hamel (Infos in englisch) verbrachte 13 Jahre auf Chejo und rückte bei seiner Heimkehr in die Niederlande die Insel erstmals ins Rampenlicht der europäischen Öffentlichkeit. Im 19. Jahrhundert war die Insel wegen ihrer strategisch bedeutenden Lage unter den Westmächten umstritten. Nach dem Koreakrieg wurde Chejo zu beliebten Versteck für Kommunisten und die Regierung hatte mit einigen Aufständen zu kämpfen. Seit 1946 hat Chejo den Status einer Provinz. 

 

Die Wasserfrauen von Chejo, die sogenannten Haenyo, sind schon seit langem Symbole der Insel Über viele Jahrhunderte waren sie das wirtschaftliche Rückgrat der Insel, was sich auch in matriarchalischen Strukturen äußert. Tatsächlich waren die Haenyo lange Zeit die Hauptversorger der Familie, während sich die Männer um Kinder und Haushalt kümmerten. Heutzutage arbeiten die Männer der Haenyo meist auf den Mandarinenfarmen oder in den Pferdeställen der Insel oder sie sind Fischer.

Schon seit über 1500 Jahren hat man in den südlichen Küstengewässern Koreas und auch Japans nach Meeresfrüchten und früher auch nach Perlen getaucht. Diese Tradition hat ihren Ursprung aber wahrscheinlich auf Chejo. Bis zum 17. Jahrhundert haben übrigens auch die Männer getaucht, bevor das Tauchen dann zu einer reinen Frauendomäne wurde. In Japan gibt es aber auch heute noch Taucher. Mögliche Gründe für die Dominanz der Frauen sind:

  1. die Frauen können den hohen Unterwasserdruck besser ertragen als die Männer.
  2. Aufgrund des höheren Anteils des weiblichen Körpers an körpereigenem Fett können die Frauen länger im kalten Wasser bleiben. Und die Wassertemperatur vor Chejo kann bis zu 8° absinken.

Das Tauchen ist Knochenarbeit, manchmal 8 Stunden am Tag.  Denn erst seit den 70Jahren tragen die Frauen Taucheranzüge als Schutz gegen Kälte und Angriffe von Raubfischen. Auf Sauerstoffflaschen verzichten sie immer noch, weil durch ihren Einsatz die Gewässer bald abgeerntet wären und ihre Lebensgrundlage verschwinden würde.

Dieses Problem stelle sich schon vor der Einführung der Taucheranzüge. Die Mädchen werden etwa mit 15 Jahren angelernt, wobei sie sich zunächst nur um die Meeresfelder kümmern müssen. Im Schnitt fangen sie erst mit 17 Jahren an als Vollzeittaucherinnen zu arbeiten und tauchen bis etwa zum 70. Lebensjahr. Die Frauen sind streng nach Dörfern und Gruppen organisiert, tauchen immer in Gruppen und haben sich auch ihre Tauchgebiete abgesteckt, sodass das Einkommen der einzelnen Dörfer gesichert ist. Das Tauchen gewährleistet den Frauen die wirtschaftliche Unabhängigkeit vor allem seit es weniger der Eigenversorgung gilt wie früher, als dem Export nach Japan. Es bietet den Frauen zudem ein Stück ganz eigener Freiheit, zu der die Männer kein Zugang haben. Kein Wunder, dass der Mythos der Amazonen von Chejo entstand.

Auch der Schutzgeist der Insel ist weiblich. Wie könnte es anders sein. Am ersten Tag des zweiten Monats nach Mondkalender kommt der Geist der Großmutter Yongdung auf die Insel und bleibt bis zum 15. In dieser Zeit halten die Taucherinnen schamanische Riten ab in denen sie um Schutz und einer reichen Ernte bitten.

Das Frauen – Männer - Verhältnis auf Chejo war früher 3:1. Was nicht nur mit der Töchterpräferenz zu tun hatte, sondern auch mit der Tatsache, dass viele Männer auf dem Meer umkamen. Die Frauen waren also gerade zu zur Selbstversorgung und Selbstorganisation gezwungen. Die damit gewonnene Unabhängigkeit ist heutzutage bedroht. Zum einen hat die Zahl der Taucherinnen auf Chejo von 1960 bis heute von etwas 23000 auf etwa 5600 abgenommen und davon sollen auch nur wenige unter 30 Jahre sein. Das hängt damit zusammen, dass sich die Taucherinnen ein sogenanntes besseres Leben für ihre Töchter erhoffen und sie auf Schule und Universität schicken. Zum anderen wurden durch die Einführung von Taucheranzüge die Arbeit zwar effektiver, führte aber auch zu einer Abnahme der natürlichen Ressourcen und damit zu weniger Arbeit. Hinzu kommt noch der Versuch der Seouler Regierung die Insel Chejo zu einem Hawaii Koreas umzuwandeln, das bedroht weiter die Lebensgrundlage der Taucherinnen die zu Touristikattraktionen herabgewürdigt werden. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Haenyo nur noch eine Fußnote der Geschichte der Insel sein werden. Das tragisch-ironische an der ganzen Entwicklung ist, dass Frauen, die Jahrhunderte lang in der koreanischen Macho – Gesellschaft eine dominierende Sonderstellung gehabt haben, diese aufgrund der Veränderungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeldes langsam verlieren, während die Frauen auf dem Festland zunehmend selbstbewusster werden und ihren Einfluss langsam stärken.

( aus der Hörerecke von Radio Korea International vom 28.10.2000 )


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