ein Reisebericht von Friedrich Stöhr
27. April 2001: Es hat doch noch geklappt!
Nach drei vergeblichen Anläufen beginnt heute meine Reise in den Iran. Auch hier stand die Durchführung noch auf der Kippe weil sich für diesen Termin bei Windrose nur drei Teilnehmer angemeldet haben. Gegen einen Aufpreis wird die Reise aber doch durchgeführt. Von Nürnberg geht es mit der Austrian Airlines via Wien nach Teheran. Das gleich vorweg: die AUA hat einen sehr freundlichen und umfangreichen Service, da kann sich der Kranich gleich ein paar Scheiben abschneiden! Der Airbus 340 hat für jeden Sitz einen interaktiven Mini-Bildschirm, auf dem man mit einer Art Fernbedienung navigieren kann. Dreht man diese Fernbedienung herum, hat man ein Telefon in der Hand. Damit kann man sowohl innerhalb des Flugzeugs als auch nach draußen telefonieren. Zur Bezahlung des Gesprächs (ca. DM 20 pro Minute) befindet sich an der Seite des Telefons ein Schlitz für die Kreditkarte!
Der Iran hat eine Ausdehnung von 1 648 000 qkm bei einer Bevölkerungszahl von 65 Mill. Es wohnen also rund 40 Iraner auf einem qkm. Der größte Teil des Landes ist unfruchtbare Halbwüste oder Gebirge. Ein Landstreifen südlich des Elburs-Gebirges und parallel zum Golf von Hormuz beinhaltet die gesamte Landwirtschaft. Sonst betreibt man im Iran Viehzucht, meist Schafe und Ziegen, die am Besten mit der kargen Vegetation auskommen. Daher auch im Süden und Osten noch viele Nomaden, die mit ihren Herden ständig über die durchschnittlich 1000 m hoch gelegene Steppe weiterziehen müssen.
Die Ölsuche brachte schon Ende des 19.Jahrhundert englische Geologen ins Land, die auch fündig wurden. Mit Persien wurden entsprechende Verträge vereinbart, die den englischen Ölgesellschaften die Ausbeutung der Ölreserven erlaubte. 1935 wurde der Landesname Persien in Iran geändert. Die Pahlavi Dynastie hat einen großen Teil dieser Öleinnahmen zur modernen Entwicklung des Landes verwendet. Ohne diese Vorarbeit wäre der Iran heute ein Entwicklungsland.
1979 wurde Schah Reza Pahlavi abgesetzt vom aus dem Pariser Exil kommenden Ayatollah Khomeyni. Seit 1979 wird die islamische Präsidialrepublik von einem 12-koepfigen Verfassungsrat (Wächterrat) regiert. Regierungschef ist seit 1997 Sayed Mohammed Khatami. Es gelten die recht strengen Regeln und Gesetze des Koran (Sharia), wodurch auch zum Beispiel die Kleidung der Frauen (Chador) vorgeschrieben wird. Alkohol ist streng verboten, der Besitz von Rauschgift wird mit dem Tod bestraft. In der Öffentlichkeit sieht man verschiedentlich die Portraits der Ayatollahs, sonst macht nichts auf die Regierung aufmerksam. Es sind nur wenige Polizisten oder Soldaten zu sehen.
Nach einem sehr ruhigen Flug Ankunft um 2 Uhr morgens. Am Teheran International Airport holte uns unser Reisbegleiter Masoud zusammen mit einer verschleierten jungen Dame ab. Sie interviewte mich gleich und wollte meinen Beruf etc. wissen. Wer sie eigentlich war blieb mir verborgen... Die Abfertigung an der Passkontrolle und beim Zoll war völlig problemlos. Innerhalb von ein paar Minuten waren wir an unserem Mitsubishi Mini-Bus, mit dem wir die nächsten Tage fahren sollten. Auf breiten beleuchteten Strassen mit wenig Verkehr fuhren wir in die Stadt zu unserem Hotel. Innen es war recht eindrucksvoll dekoriert, das Äußere sahen wir erst am nächsten Morgen. Aber zuerst wollten wir ein paar Stunden schlafen und die Zeitverschiebung um 2 1/2 Stunden etwas ausgleichen.
Nach dem etwas schlichten Buffet-Frühstück machten wir uns bereits um 10 Uhr auf den Weg um Teheran zu besichtigen.
Der erste Schock kam in der ersten Kreuzung: trotz meiner vielen Reisen war das doch das schlimmste Chaotischste, das ich je sah! Aus den drei vorgesehenen Fahrbahnen machen die Teheraner spielend fünf und gefahren wird im besten Freistil. Der Blinker, Verkehrszeichen und Zebrastreifen sind nur nette Verzierungen, man fährt wie es einem beliebt von ganz links nach rechts, wendet auf der Fahrbahn und parkt wo immer ein Plätzchen ist. Angeblich soll es Verkehrsregeln geben, die sind aber anscheinend so kompliziert, dass sie keiner kennt oder berücksichtigt. Wir haben sie jedenfalls nicht kapiert. Zwischen den Autos, meistens PKW vom Typ Paykan, gehen noch Fußgänger an allen denkbaren Stellen über die Fahrbahn und es passiert anscheinend nichts. Man darf nur nicht zu schnell über die Strasse gehen oder gar rückwärts laufen, das ist extrem gefährlich. Es gibt viele Verkehrsampeln, die aber nur mit allen drei Lichtern Gelb oder Rot blinken. Das ist nur der Hinweis, dass hier eine Kreuzung kommt. Ebenso oft trifft man auf Kreisverkehr, ein durchaus probates Mittel den Verkehr nicht zum Stocken kommen zu lassen. Ab dem zweiten Tag hatten wir uns an das verwirrende Bild gewöhnt und waren nicht mehr gesundheitlich gefährdet. Eine Unmenge weiße Paykans mit breitem orange Streifen über Kühlerhaube, Dach und Kofferraum quirlen in den Strassen: die Teheraner Taxis. Wenn man genau hinsieht, sind schon einige Blessuren erkennbar. Die sind meist mit mehreren Schichten Lack überdeckt worden. Einen umgefahrenen Verkehrspolizisten haben wir gesehen, sonst gab's höchstens etwas Blechverformungen. Die gefährlichste Waffe der Polizisten ist der Notizblock! Wenn sich ein Fahrer den Weisungen des Polizisten nicht fügt, dann bekommt er umgehend einen Strafzettel. Verkehrszeichen sind davon aber ausgenommen...
Im Iran gibt es keine Kfz-Steuer, kauft man ein Auto, so wird gleich die ‚Steuer' auf ‚Lebenszeit' des Fahrzeugs mitbezahlt. Das Auto ist für die iranische Familie erstrebenswerter als ein Haus! Fahren ist billig, Benzin kostet etwa 15 Pf. Pro Liter und die Reifen werden bis zum Ende gefahren. TÜV oder ähnliches gibt es nicht, man sieht es an den nur selten funktionierenden Rück- oder Blinklichtern. Allerdings sind die Bremsen offensichtlich in Ordnung, wie sonst wäre ein derartiger Verkehr ohne ständige Kollisionen möglich. Der Paykan wird übrigens seit zwanzig Jahren im Iran hergestellt. Er sieht aus wie eine Mischung aus Opel, Audi und Lada aus den späten 60er Jahren, hat ungefähr die Groesse eines Opel Rekord der 60er Jahre und einen 1600 ccm Motor. In der Umgebung Teherans fahren auch erstaunlich viele neue Peugeot 405 herum, die ebenfalls in Lizenz im Iran montiert werden. Daneben sieht man einige koreanische KIA Kompaktwagen und wenige japanische Wagen sowie Audi, BMW und Mercedes. Die Katalysatoren der neueren Fahrzeuge dürften durch das gefahrene Blei-Benzin schon nach kurzer Zeit ruiniert sein, aber niemand kontrolliert das.
Teheran liegt südlich einer Bergkette, die immer schneebedeckt ist. Von dort bekommt die Stadt auch ihr gelobtes Trinkwasser. Sie ist etwa 40 mal 40 km groß wie Masoud erzählte und ist meist von einer Dunstglocke bedeckt. In der Innenstadt fast europäische Häuser mit Geschäften und Wohnungen. Es gibt eine Menge Baustellen, von denen man nicht sicher weiß, ob sie vorzeitig aufgegeben wurden oder noch im Bau sind... Wir besichtigen einige Moscheen, die wir nur als Minigruppe betreten dürfen.
Mehrere Museen zeigen die Geschichte des Iran und die Gold- und Edelsteinschätze der Pahlevi-Dynastie. Auch der frühere Palast des Schahs ist zu besichtigen. Prachtvolle Möbel und Teppiche sind zu sehen. Für Ausländer gelten bei den Museen etwa die zehnfachen Eintrittspreise.
Apropos Geld: meine Information aus dem Internet betreffend Umtauschkurs in Rial war völlig falsch: man bekommt ganz offiziell etwa das fünffache bei der Bank. Währung ist der Rial, 1000 Rial sind circa 35 Pfennig. Es gibt Münzen zu 10, 50, 100 und 250 Rial, die Scheine beginnen bei 500 Rial und reichen bis 10 Millionen Rial. Das Besondere an den Millionen-Scheinen ist, dass sie nur auf einer Seite bedruckt sind, die Rückseite ist weiß.
Eine zusätzliche Komplikation entsteht durch die Bezeichnung ‚Toman'. Das sind 10 Rial und damit werden größere Beträge etwas handlicher. Toman gibt es nicht als Banknote, wird aber immer wieder bei der Frage nach dem Preis gefragt. Dadurch glaubt man in Rial einen günstigen Kauf gemacht zu haben, muss dann aber zehnmal soviel bezahlen...
Man gibt zu jeder Gelegenheit und für alles Trinkgeld, die Leute sind schlecht bezahlt. Beim Umtauschen von 100 DM gibt es ein ganzes Bündel verschiedener Banknoten, die kleinsten, wie zu erwarten, ziemlich dunkel. Gerne werden auch US $ genommen. Jeder Iraner kann aber auch auf der Bank Rial in US $ umtauschen, wenngleich zu einem ungünstigen Kurs.
Grundsätzlich sind die Iraner sehr freundlich, man wird angesprochen, allerdings nur selten in Englisch. Seltsamerweise sind die Bediensteten in Gaststätten nicht sehr freundlich, wir haben auf unserer Reise nur einen wirklich netten Kellner getroffen. Leider ist die Speisekarte nicht sehr abwechslungsreich: das Hauptgericht ist Kebab in jeder Form. Es gibt Hähnchenkebab, Rindskebab, Lammkebab, gemischtes Kebab, Hackfleischkebab und sogar Fischkebab!
In der Nähe des Golfes gibt es immer wieder mal Fisch und Krabben, diese nicht als Kebab. Dazu immer Joghurt, entweder pur, mit Zwiebeln oder mit Kräutern. Beilagen sind Reis, manchmal auch gebratene Kartoffeln und Fladenbrot. Letzteres schmeckt frisch gebacken übrigens ganz ausgezeichnet. Außerdem gibt es eine iranische Spezialität, eine Art Eintopf. Man bekommt einen sehr heißen Ton- oder Blechtopf, in dem in einer Hammelfleischbrühe Fleisch, Gemüse und Kartoffeln schwimmen. Man gießt die Brühe in ein zweites schüsselartiges Gefäß und brockt Fladenbrotstücke hinein. Danach wird das Gemüse, Fleisch und Kartoffeln in die Schüssel gegeben und mit einem zugehörigen Stampfer zu einem Brei verarbeitet. Die Brühe ist dann verschwunden und man löffelt den Brei. Öfters habe ich mich verführen lassen Salat zu essen, meistens vom Buffet. Den sollte man ja in orientalischen Ländern besser meiden. Es gab aber weder bei mir noch bei den beiden Mitreisenden irgendwelche Verdauungsprobleme. Die Portionen sind reichhaltig, abgenommen haben wir nicht. Man isst allgemein sehr fett. Gegessen wird übrigens mit Löffel und Gabel, Messer gibt es nur auf ausdrücklichen Wunsch! Der Nachtisch ist meist süß und am Ende gibt es den obligatorischen schwarzen Tee.
Im Iran sitzt man traditionell mit untergeschlagenen Beinen auf einer etwa stuhlhohlen teppichbelegten Plattform. Das Essen steht auf dieser Plattform und es isst sich nicht gerade bequem... Ich habe es immer vorgezogen mir einen Stuhl zu besorgen, damit wurde zumindest das Sitzen erträglicher. Noch ein Tipp für potentielle Iran-Reisende: außer in den Hotels empfiehlt es sich beim Toilettenbesuch Papier mitzuführen. Die Iraner setzen auf Wasser.
Am dritten Tag fliegen wir mit der Iran Air etwa 1000 km nach Süden nach Kerman. Da die Iran Air zu wenig Piloten und Flugzeuge hat, werden aus Usbekistan Maschinen und Personal gechartert. Wir fliegen mit einer Tupolew 154 M, es ist ein ruhiger Flug und nach eineinhalb Stunden sind wir in der Halbwüste des südlichen Iran. Hier holt uns Hossein mit seinem Mitsubishi-Minibus ab, der aber in deutlich besserem technischen Zustand ist als der Bus in Teheran. Unser Fahrer Hossein ist 31 Jahre alt und lernt fleißig englisch. Er hat sich die NEWSWEEK gekauft und liest darin in jeder freien Minute. So oft als möglich spricht er immer mit uns und möchte bald mit den Touristen die er fährt kommunizieren. Hossein hat ein größeres Thermogefäß im Bus, in dem jeweils am Morgen Eis zusammen mit Wasserflaschen gebunkert wird.
Inzwischen hat sich leider herausgestellt, dass unser Reisebegleiter Masoud zwar sehr gut deutsch spricht (er war 11 Jahre in Deutschland und hat hier auch sein Abitur gemacht), leider aber sehr wenig Kenntnisse über die zu besichtigenden Sehenswürdigkeiten hat. Wir müssen also fleißig in unseren gedruckten Reiseführern nachlesen. Gelegentlich holt sich Masoud auch einen örtlichen Führer zu Hilfe, der aber nur Farsi spricht, was Masoud dann übersetzen muss. Wegen der mangelnden Kenntnisse in Archäologie gelingt die Erklärung leider meist nur unzureichend... Masoud bemüht sich allerdings wirklich in jeder Beziehung um unsere Wünsche, man braucht nur ein Wort verlauten zu lassen und schon bietet er die Lösung an. Gleichgültig, ob im Basar oder Hotel, Masoud regelt einfach alles.
Von Kerman machen wir einen Ausflug nach Bam, einer verlassenen unbewohnten Stadt an der Hauptstraße nach Baluchistan. Mit etwa 500 X 500m Ausdehnung liegt in etwa 200m Höhe die teilweise restaurierte Festung Arg-e Bam nordöstlich der modernen Kleinstadt Bam. Wann sie gegründet wurde ist nicht bekannt, sie wurde bereits im 7.Jahrhundert von den Arabern besetzt. Man kann die alten Gebäude der Karawanserei und den Basar, das Haus des Lehrers und die Freitagsmoschee besichtigen. Hoch oben auf der Festung ist ein kleines Teehaus, von dort kann man weit ins Land schauen. Die Tagestemperaturen liegen hier im Süden des Iran um die 30 Grad C. Die Luft ist trocken und man empfindet deshalb die Wärme nicht als unangenehm.
Auf den recht gut ausgebauten Überlandstraßen, mit meist 2X2 Fahrbahnen und gelegentlich riesigen ‚Grünstreifen von über 100m Breite, fährt eine Unzahl von Diesel-LKW. Das sind in der Mehrzahl in Lizenz gebaute Mercedes 12Tonner in Grün oder Orange. Daneben fahren noch einige VOLVO LKW, meist mit Waren sehr hochbepackt oder als Tankfahrzeuge, zum Golf und zurück. Diese schier endlose Kette ist auf zweibahnigen Straßen im Bergland nur sehr schlecht zu überholen, noch dazu da keiner richtig rechts fährt... Man muss also eine ordentliche Portion Geduld bei der Fahrt aufbieten.
Unser Weg führt uns weiter nach Yasd. Im Hotel erwartet uns eine Überraschung: wir haben, wie auch bisher, in jedem Zimmer TV. Hier haben wir neben BBC und CNN sogar die Deutsche Welle via Satellit im Programm! In der Umgebung von Yasd besuchen wir die ‚Türme das Schweigens'. Außerdem können wir den Tempel der Zoroastrier mit der ewigen Flamme besuchen. Die alte Religion der Zoroastrier war schon vor dem berühmten Perserkönig Xerxes hier und verehrt den Gott Ahura Mazda und das Feuer. In Indien (besonders in der Gegend von Mumbai, Bombay) gibt es noch viele Zoroastrier, dort bekannt als Parsen. Auf den Türmen des Schweigens wurden die Toten der Anhänger Zarathustras abgelegt, damit sie von den Vögeln aufgefressen und dann dem Himmel näher gebracht wurden. Dieser Brauch ist jetzt verboten, in Indien wird diese Art der Bestattung noch ausgeübt.
Typisch für Yasd sind die ‚Bagdirs' (Belüftungstürme). Auf vielen Häusern stehen kamin-artige Aufbauten, die schon seit Jahrhunderten durch ihre Sogwirkung unten kühle Luft in die Häuser leiten und die warme Luft oben aus dem Haus herausblasen. Eine Art antike Klimaanlage und dabei sehr gesund. Nicht fehlen darf in jeder Stadt im Iran ein Besuch im Basar! Jede Gegend hat ihre besondere Spezialität, ob Metallarbeiten, Teppiche oder Süßigkeiten. Natürlich müssen wir fast uerall probieren und sollten auch kaufen. Das ist aber, schon aus Platzgründen, nur begrenzt möglich. Niemand ist böse, wenn wir nach dem Probieren nicht kaufen, man ist eher stolz darauf, dass die Europäer am jeweiligen Stand waren. Hier in der Gegend von Yazd wachsen angeblich die besten Pistazien. Nach mindestens zehn verschiedenen Proben findet Masoud endlich einen empfehlenswerten Stand. Wir müssen auch gleich ein Kilo davon kaufen ‚sonst lohnt es sich nicht' wie Masoud sagt. Das Kilo kostet übrigens nur etwa 5 DM.
Die nächste Station heißt Isfahan. Der exotische Klang dieser Stadt verbindet sich meist mit Teppichen. Aber die Stadt hat weit mehr zu bieten. Wir wohnen im ersten Haus am Platz, dem Abbasi Hotel. Es war noch vor 100 Jahren eine Karawanserei und wurde später sehr komfortabel umgebaut und erweitert. Der große Garten im Innenhof ist mit Wasserspielen versehen und im Hauptgebäude der alten Karawanserei ist ein historisches Teehaus unter-gebracht. Dahinter der blaue Kuppelbau einer Medresse (Koranschule). Hier kamen in früheren Jahrhunderten die Karawanen von der Seidenstraße aus China vorbei und machten Rast.
Wie bekannt müssen im Iran die Frauen in der Öffentlichkeit ihren Kopf und die Figur verhüllen. Es muss kein schwarzer Chador (Umhang) sein, auch andere gedeckte Farben sind zulässig. In den öffenlichen Bussen fahren Männer (vorn) und Frauen (hinten) getrennt. An den Türen sind traditionell zwei Türklopfer angebracht, einer für Frauen und der andere für die Männer. Das hat seinen Sinn darin, dass die Frau gleich hören kann wer da kommt. Nun soll sie bei Männern ihren Chador überstreifen, bei Frauen kann braucht sie dies nicht.
Frauen sind aber durchaus im öffentlichen Leben als Verkäuferinnen, als Hotelbedienstete und auch als Passbeamte! Aus manchem Chador schaut ein durchaus hübsches geschminktes Gesicht, für andere ist der Chador vielleicht eine Gnade. Ein Mann sollte eine Frau nur etwa 2 Sekunden ansehen, will er keine Probleme bekommen. Hat die Frau einen Begleiter so ist bei längerem Hinsehen Ärger möglich. Die bei uns berüchtigten Tugendwächter (Kennzeichen: aus der Hose hängendes Hemd) haben wir nur einmal in einem noblen Wohnviertel in Teheran gesehen. Diese machen den ‚Dienst' freiwillig, er wird ihnen auf den Wehrdienst angerechnet. Das gleiche trifft auf freiwillige Wächter zu, die mit ungeladenen Schnellfeuergewehren in manchen Parks patrouillieren. Der Sinn dieser ‚Wache' ist uns zwar verborgen geblieben, sie machen auch weiter kein großes Aufheben von ihrem Dienst.
Kontrollen auf den Strassen sind eher die Ausnahme, im Grenzgebiet kommt es schon mal vor. Masoud sagte uns, man würde dort nach Schmugglern (unter anderem Rauschgift aus Afghanistan) suchen. Unser Mini-Bus hatte keinerlei Probleme mit Durchsuchungen.
Isfahan hat einen riesigen sehr schön angelegten Platz mitten in der Stadt. An zwei Seiten des rechteckigen Meydan-e Imam befinden sich Moscheen, an den beiden anderen sind Paläste. An der Nordseite des Platzes liegt die große Freitagsmoschee. Durch ein Tor gelangt man auf den Innenhof der Moschee. Die wunderschönen Stalagmiten-Fliesen in den Toren sind einmalig bemalt und in sehr gutem Zustand. An der Ostseite des Platzes, ebenso kunstvoll ausgestattet, die Sheik Lotfollah Moschee.
Leider ist die bekannte 33-Bogen-Bruecke über den Zayandehrud Fluss trockengefallen. Wegen eines Staudammes kommt zu dieser Jahreszeit kein Wasser mehr im Flussbett und damit verliert die Brücke mit ihren Geschäften und Teehäusern viel von ihrem Reiz. Wir haben trotzdem ein Teehaus besucht und lassen die Wasserpfeife kreisen. Es kommen uerigens auch Frauen ins Teehaus und rauchen dort ihre Wasserpfeife.
In Isfahan überrascht uns am zweiten Tag Regen! Das ist schon sehr ungewöhnlich für diese Gegend und diese Jahreszeit und wir waren darauf nicht eingerichtet. Also besuchen wir überdachte Sehenswürdigkeiten. In Isfahan gibt es auch eine sehr alte armenische Kirche mit Museum. Hier werden historische Schriften und andere Exponate ausgestellt. Eine Besonderheit: auf ein menschliches Haar hat ein Künstler einen armenischen Spruch geschrieben! Man kann durch ein Mikroskop die Schrift sehen, wie der Künstler das fertiggebracht hat, ist unklar. Ein Ausflug bringt uns zu den ‚schwankenden Minaretten' in einem nahegelegenen Ort. Zwei etwa 12m hohe Minarette sitzen auf einer Quermauer. Ein schlanker Mann steigt in eines der Minarette und bewegt sich innen. Nach ein paar Sekunden schwankt ein Minarett stark und das andere etwas schwächer! Es sind aber am Mauerwerk keinerlei Risse zu entdecken. Es ist eine Sehenswürdigkeit und viele Besucher betrachten das Schauspiel. Hier in Isfahan ist die Hochburg der persischen Miniaturmaler. Die richtigen Miniaturen werden auf die Schienbeinknochen von Kamelen gemalt und sind nur mit einem Vergrößerungsglas richtig zu betrachten. Entsprechend sind auch die Preise. Motive sind meist Darstellungen von historischen Schlachten, aber auch Frauen (!) werden abgebildet.
Nach dem Abendessen (man ist erst gegen 22:00 Uhr im Iran) sitzen wir noch bei einer Tasse Tee im Foyer des Hotels. Da taucht ein Team des iranischen Fernsehens auf und will unter anderem uns interviewen. Man kennt den Wert des Tourismus und erkundigt sich nach den Erfahrungen, Beanstandungen und Wünschen. Masoud übersetzt von Farsi in Deutsch und umgekehrt und man nimmt sich über eine Viertelstunde für uns Zeit. Die Sendung selbst haben wir nicht gesehen, sie wird vermutlich später ausgestrahlt.
Persepolis ist das Ziel aller Touristen, die nach Isfahan kommen. Die Metropole Koenig Xerxes wurde 300 v.Chr. durch Alexander den Großen zerstört. Heute sieht man noch die Umrisse der großen Stadt mit ihren prunkvollen Palästen und viele kunstvolle Reliefs, die Vorgänge aus den großen persischen Reichen zeigen. Leider wurden viele wertvolle Funde aus den Ausgrabungen nach Europa (Louvre Paris) gebracht und auch im archäologischen Museum in Teheran sind viele Stücke zu finden. Hier, im angeschlossenen kleinen Museum, sind leider nur noch wenige Fragmente zu sehen. Auffallend sind die vielen Gruppen von Jugendlichen, anscheinend Schulklassen. Vier verschleierte Mädchen bitten uns, auf ein Foto mit ihnen zu kommen. Sie haben selbst eine Kamera dabei und möchten sich zusammen mit uns fotografieren. Ob wir wohl so lustig ausgesehen haben?
Shiraz, ein bekannter Name bei Teppichen und bei Wein. Außerdem hat Shiraz einen berühmten botanischen Garten. Hier finden sich eine Riesenmenge verschiedenster Pflanzen, vorzugsweise Rosen, die hier ausgezeichnet gedeihen. Als ich etwas hinter den Mitreisenden zurückbleibe, bin ich plötzlich von etwa 20 Mädchen im Chador umzingelt. Nach einem scheuen ‚Hello' wird eines der Mädchen als Sprecherin ausgesucht, die mir auf Englisch Fragen stellen soll. ‚Wo kommen Sie her? Was sind Sie von Beruf? Warum sind Sie in den Iran gereist?' und viele weitere Fragen. Geduldig gebe ich Auskunft und vergesse ganz, dass ich meinen Fotoapparat in der Hand halte. Das wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die ganze Gruppe auf ein Foto zu nehmen. Das habe ich aber ganz vergessen, als ich mich nach einiger Zeit von den Mädchen verabschiede. Für die war es anscheinend ein ganz besonderes Ereignis, mit einem Touristen aus Europa zu sprechen. Obwohl wir einige Reisegruppen aus Belgien, Frankreich, der Schweiz und auch aus Deutschland getroffen haben, kommen doch nicht sehr viele Touristen in die von der Hauptstadt abgelegene Provinz.
Nach 650 km Fahrt ist Ahvaz die nächste Stadt, der wir einen Besuch abstatten. Wir befinden uns schon ziemlich in die Nähe der Grenze zum Irak. Von hier aus liegt in der Nähe (ca. 120 km) Shush, uns besser bekannt als Susa. Hier lag einst die Königsstadt des elamischen Reiches, ihre Geschichte geht mehr als 6000 Jahre zurück. Im Ort Shush steht eine seltsame runde Säule: das Grabmal des Propheten Gabriel. Hierher kommen viele Gläubige mit ihren Wünschen, die sie dann im Gebet dem Propheten vortragen.
Auf einer kleinen Anhöhe liegen die Ausgrabungen von Susa. Das Gelände ist ziemlich unübersichtlich, einige kleine Säulenreste liegen auf dem Boden. Hier wurde die Statue des Darius gefunden, heute steht sie im Museum in Teheran. Andere Funde kann man im Louvre besichtigen. Koenig Artaxerxes II hatte hier seinen Palast. Die Ausdehnung der antiken Stadt ist von keinem Punkt aus zu erkennen, man muss wohl oder übel die einzelnen Hügel erklettern um dahinter sehen zu können. Ein paar Ziegelmauern sind vom Palast noch übrig, sonst sind nur recht vage Andeutungen einer großen Ansiedlung zu erkennen.
Etwa hundert Meter weiter steht ein burgartiges Bauwerk, das die französischen Ausgräber aus den Ziegeln von Susa (!) errichtet haben. Die wichtigen archäologischen Funde wurden ins Ausland gebracht... Aber das Gelände ist noch nicht vollständig erschlossen.
Auf dem Weg von Shusha nach Ahvaz besichtigen wir noch das Ziggurat Tschoga Zambil, die größte Stufenpyramide Mesopotamiens. Sie wird gerade restauriert und soll demnächst unter den Schutz der UNESCO gestellt werden. Auf etwa 300 X 300m ein sehr beeindruckendes Bauwerk aus der vorelamischen Periode. Wir sind die einzigen Besucher an dieser Pyramide, in den etwas entfernt liegenden Tiefgräbern stöbern wir einige Fledermäuse auf.
Von Ahvaz aus fliegen wir wieder nach Teheran, wo wir die letzten zwei Tage verbringen.
Hier, am Fuße des schneebedeckten Elburs-Gebirges, ist es zwar etwas kühler als im Süden, die Temperatur ist aber mit 26 Grad C. noch immer recht angenehm.
Einen Tagesausflug machen wir noch nach Qom, der heiligen Stadt. Mehrere Grabmale von im Islam verehrte Heiligen, unter anderem der Fatimeh Masumeh, befinden sich hier. Qom ist ein Wallfahrtsort der Schiiten. Hier ist die Kleiderregel viel strenger und unsere weibliche Mitreisende muss einen längeren Chador mit angenähtem Kopftuch anlegen. Hier sind ständig Wächter unterwegs und wir dürfen auch nur in Begleitung eines dieser Wächter hinein. Als ich verwegen frage, ob man fotografieren darf, antwortet mir der ernste Wächter: ‚Only one picture!' Also muss ich mir das Motiv sehr sorgfältig aussuchen. Der Wächter kreist ständig um uns und lässt uns nicht aus den Augen. Er hält, wie die anderen Wächter, einen farbigen Staubwedel in der Hand, anscheinend ein Rangabzeichen. Auf einer Bahre wird eine Leiche in den Innenhof gebracht, es ist nicht erkennbar ob Mann oder Frau. Eine zahlreiche Trauergemeinde begleitet die Bahre. Es ist nicht üblich, eine Beerdigungsfeier in der Moschee abzuhalten. Hier ist das Grabmal Fatimehs der Grund für die Ehre, die dem Toten erteilt wird. Schließlich verabschieden wir uns, Trinkgeld an den Wächter wäre hier sicher unangebracht. Wenn eine Islamische Familie nach Qom reist, dann kauft sie dort auch ein. Auf dem Platz vor dem Eingang zum Grabmal bekommt man so ziemlich alles. Eine Spezialität ist Klein-Gebäck mit Pistazien. Es ist sehr frisch und schmeckt ausgezeichnet. Eine größere Dose nimmt jeder von uns noch mit sowie ein paar kleine Fläschchen Rosenwasser.
Am Abend machen wir noch einen Bummel durch ein modernes Einkaufszentrum in Teheran. Man merkt nur an den hier allerdings etwas offener und mit helleren Kleidern verschleierten Kunden, dass man im Iran ist. Hier gibt es alle aus Europa bekannten Markenartikel, ob Kleidung oder Elektronik: es ist alles zu haben. Aber gegen etwas höhere Preise als bei uns in Deutschland. Bei einem Abendessen in einem traditionellen Restaurant treffen wir den Besitzer der Reiseagentur, die für uns Hotels, Begleiter und Fahrer organisiert hat. Auch er ist interessiert an unseren Erfahrungen während der Reise und wir erhalten noch eine persische Miniaturmalerei als Geschenk. Auch unser Reisebegleiter beschenkt uns noch.
Der Abflug nach Wien ist um 4:00 Uhr. Der Flugplatz ist aber schon sehr belebt und der riesige Duty Free Shop bietet viele Waren gegen US-$ zum Kauf an. Auch Kaviar in den verschiedenen Qualitäten und Packungsgrößen ist zu haben, Alkohol natürlich nicht.
Wir fliegen pünktlich und haben einen ruhigen Flug bei vorbildlichem Service an Bord. Ankunft und Weiterflug ist auch pünktlich womit diese Reise angenehm abgerundet wurde.
Resümee: eine sehr interessante Reise, die sicher noch gewonnen hätte, wenn Masoud mehr über die Geschichte seines Landes gewusst hätte...
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