Helsinki-Tallinn, 24. bis 28. Mai 2002

 

Reisebericht von Volker Willschrey

 

Zu einem Kurzurlaub im europäischen Norden hatte ich mich ziemlich schnell entschlossen. Ich hatte noch einen innereuropäischen Flug von Lufthansa Miles & More zugute. Meine Wahl fiel auf Helsinki. Dort war ich bereits vor über zwanzig Jahren, als ich zusammen mit meinem Freund Alfred Albrecht aus Emmendingen unseren gemeinsamen Freund Arto Mujunen aus Espoo (bei Helsinki) besuchte. Arto hat mir nicht nur freundlicherweise den Aufenthalt angeboten sondern auch den Vorschlag eines gemeinsamen Ausflugs nach Tallinn, der Hauptstadt Estlands, gemacht.

 

Am 24. Mai um 7.15h fuhr ich mit der Eisenbahn von Dillingen über Saarbrücken zum Frankfurter Flughafen. Abflug der Lufthansa Boeing 737, Flug LH 3038 nach Helsinki war um 13.45h. Um 17.10h finnischer Ortszeit kam ich wohlbehalten auf dem Flughafen Vantaa (Helsinki) an, wo mich bereits mein Freund Arto Mujunen erwartete. Vom Flughafen aus fuhren wir direkt zu Arto’s Wohnung in Espoo, und ich konnte dort auch Artos Frau Aira begrüßen. Den Abend des Tages verbrachten wir mit Plauderei und Spaß.

 

Den Samstag (25. Mai) hatten wir uns für einen Rundgang durch die finnische Hauptstadt Helsinki reserviert. Mit dem Bus fuhren wir zunächst in Richtung Stadtmitte und stiegen in der Nähe des Olympiastadions in die Straßenbahn um. Diese kleine „Stadtrundfahrt" mit der Straßenbahn brachte uns durch das Zentrum bis zum Ostseestrand. Im Café „Ursula" ruhten wir uns ein bisschen aus und genossen den Blick auf die Ostsee.

 

Von dort aus begaben wir uns dann zu Fuß weiter in Richtung Kauppatori (Markplatz). Dort waren viele Händler dabei, ihre Ware aus allen möglichen Branchen anzubieten. Wir schlenderten ein bisschen durch die bunten Stände und kamen schließlich zur Uspenski-Kathedrale.

Die der "entschlafenen Jungfrau Maria" geweihte Uspenski-Kathedrale entstand 1868 im altrussischen Stil und ist außen mit rotem Backstein verkleidet. Das Innere wird von bemalten Granitsäulen und der prachtvoll vergoldeten, vom russischen Künstler Tschilchow gemalten Ikonostase beherrscht. Ein besonderes Erlebnis ist es, hier einem Gottesdienst nach orthodoxem Ritual beizuwohnen, der noch in der alten kirchenslawischen Sprache zelebriert wird. Von der Terrasse der Uspenski-Kathedrale hat man einen schönen Blick über das alte Hafenmagazin auf den Nordhafen und nach Westen auf das historische Zentrum.

 

Von der Uspenski Kathedrale begaben wir uns zum Postmuseum in der Nähe des Hauptbahnhofs. Dort konnte man nicht nur die neuesten philatelistischen Leckerbissen aus Finnland bestaunen sondern auch eine recht interessante Ausstellung über das fünfzigjährige Jubiläum von Coca Cola in Finnland sehen.

Nach einem sehr guten Mittagessen (ich hatte eine Pastete mit Lachs und Rentierfleisch) führte mich Arto zu einem Hochhaus, von dessen oberstem Stockwerk man einen ausgezeichneten Rundblick auf das Zentrum der finnischen Hauptstadt hat. Von dort aus ging’s zum Kaufhaus Stockmann, wo ich mich noch reichlich mit Ansichtskarten und anderen finnischen Souvenirs „eindeckte" und anschließend zur Domkirche.

 

Der Dom überragt das gesamte Stadtbild und ist fast von überall zu sehen (besonders wenn man mit dem Schiff ankommt). Er ist in den vergangenen Jahren komplett neu renoviert worden und strahlt nun wieder von allen Seiten in glänzendem Weiss. Das Innere ist überraschend schlicht gehalten, vergleicht man es mit der Uspenski-Kathedrale. Zum Dom hinauf führt vom Senatsplatz aus eine riesige Freitreppe. Hier sitzt bei schönem Wetter jeder und genießt die Sonne und das Leben.

 

Von der Domkirche kehrten wir wieder zur Espanade zurück und tranken noch ein kühles Bierchen im bekannten Restaurant Kapelli. Dann fuhren wir zurück zu Artos Haus in Espoo. Den Abend haben wir dann mit zwei Saunagängen beschlossen.

Am nächsten Tag (26.5.2002) mußten wir schon recht früh aufstehen, da wir Espoo bereits kurz nach 6.00h morgens mit dem Bus in Richtung Helsinki verließen. Am Hafen kamen noch vor 7.00h an. Das war auch die Zeit, wo man Zugang zum Fährschiff „Nordlandia" der Eckerö-Linie bekam.

 

 

 

 

Das große Fährschiff der finnisch-ålandischen Reederei Eckerö hatte viele Einrichtungen an Bord, die einem die 3 ½ Stunden Fahrt über die Meeresenge der Ostsee kurzweilig machten, die Finnland von Estland trennt. Das Schiff verließ pünktlich um 08.00h den Hafen von Helsinki und kam kurz vor 11.30h in Tallinn, der Hauptstadt Estlands an.

 

Mitten in Tallinn erhebt sich ein 50 m hoher Kalksteinfelsen, der Domberg. Der Domberg ist schuld daran, dass Tallinn eigentlich aus zwei Städten besteht, der Oberstadt und der Unterstadt. Im Jahre 1219 errichtete der dänische König Waldemar II anstelle der hölzernen estnischen Bauernburg Lindanise die erste steinerne Burg auf dem Domberg, und 1230 gründeten deutsche Kaufleute am Fuß der Burg die Stadt Reval, so genannt nach der estnischen Landschaft „Rävala". Reval war über die Jahrhunderte der deutsche und auch offizielle Name der Stadt. Die Esten aber haben sie schon gleich nach der Ankunft der Dänen „taani linn" (dänische Stadt) genannt, was mit der Zeit „Tallinn" ergab. Reval trat 1284 der Hanse bei und entwickelte sich schnell zu einem bedeutenden Handelsplatz.

 

Die Altstadt von Tallinn ist ein wahres Kleinod und man braucht mit Sicherheit viele Tage, um sich alles ausgiebig anzuschauen.

Am Fährhafen angekommen, wurden wir bereits von einem Bus erwartet, der die Besucher zu den ausgewählten Hotels brachte. Wir waren im 12. Stockwerk des Hotels „Reval Olümpia" (Zimmer 1202) untergebracht, das im Jahre 1980 anläßlich der in Moskau stattgefundenen Olympischen Spiele errichtet wurde.

 

Am Nachmittag kam Arto’s estnischer Freund Riho Riitsalu vorbei und brachte uns zum Tallinner Fernsehturm, der im Nordwesten der Stadt liegt. Dieser ist 314 m hoch. Auf 170 Meter Höhe befindet sich das Restaurant Galaxy, wo wir unser Mittagessen einnahmen. So konnten wir uns in aller Ruhe Tallinn von oben ansehen. Riho erzählte auch ein bißchen von der Geschichte des Fernsehturms und welche Rolle dieser bei den Wirren vor der Unabhängigkeit Estlands gespielt hat.

 

Anschließend war Riho so nett und brachte uns zur Saku-Suur-Halle, eine im letzten Jahr mit Unterstützung der estnischen Brauerei Saku erbauten riesigen Festhalle, in der ein Tag zuvor der Grand Prix d’Eurovision stattgefunden hatte (Teilnehmer des Gran Prix waren unter anderem auch in unserem Hotel Reval Olümpia untergebracht worden). Man sah noch eine Menge Absperrungen vom Vortag und auch die Pressezelte, wo ein Tag zuvor alles ablief. Auch Riho (der beim estnischen Fernsehen beschäftigt ist) hatte mit den Fernsehaufnahmen zu tun (allerdings vom Fernsehzentrum aus). Für so ein relativ kleines Land wie Estland war dies ein guter Anlass sich den anderen europäischen Ländern und somit einem großen Fernsehpublikum vorzustellen.

 

Leider musste uns Riho wieder verlassen. Aber er brachte uns bis zur Altstadt von Tallinn, so dass wir unseren Bummel dort beginnen konnten.

Dafür ließen wir uns auch den restlichen Nachmittag Zeit. Zunächst kamen wir zum Rathausplatz (Raekoja plats), auch Neumarkt, Deutscher oder Großer und Schwedischer Markt genannt. Zwischen 1371 und 1374 wurde mit dem Bau des Rathauses begonnen, das zu Beginn des 15. Jahrhunderts fertig wurde. Es ist ein doppelgeschoßiger Kalksteinbau mit einem hohen Satteldach. Den schlanken, achteckigen Rathausturm an der Ostseite krönt eine Landsknechtsfigur. Das ist der Alte Thomas (Vana Toomas) das Wahrzeichen der Stadt. Das Rathaus ist das älteste gotische Rathaus in Nordeuropa. Die Häuser am Rathausplatz gehörten überwiegend reichen Kaufleuten. Eine Ausnahme bildete das braune Schokoladenhäuschen mit seiner schmalen Fassade an der Ecke Rathausplatz und Apteegi, eines der ältesten Handwerkshäuser der estnischen Hauptstadt. Die „Vana turu kael" (Kehle des alten Marktes) verbindet den Rathausplatz mit dem alten Markt. Wichtigstes Gebäude dort ist das Bischofshaus aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.

 

Wie gesagt, wir hatten den ganzen Nachmittag Zeit, uns die Altstadt Tallinns in Ruhe anzusehen. Und natürlich reichte diese Zeit auch aus, in einem der Gaststätten Tallinns ein bisschen was gegen den Durst zu tun.

 

Für den nächsten Morgen hatte sich Arto einen Höhepunkt vorgenommen, den Teil der Altstadt Tallinns, der die Oberstadt bildet. Wir kamen zunächst zur Alexander-Newskij-Kathedrale. Diese Kirche wurde nach fünfjähriger Bauzeit im Jahre 1900 fertig und ist nach dem Großfürsten von Nowgorod benannt, der im 13. Jahrhundert die Kreuzritter auf dem Peipus-See geschlagen hat. Die Kathedrale ist die russisch-orthodoxe Hauptkirche Estlands.

 

Von dort aus war es dann nicht mehr weit zur Aussichtsplattform Kohtu. Von dort aus hatten wir einen faszinierende Sicht auf die Unterstadt mit ihren Ziegeldächern und Kirchtürmen. Die Ober- und Unterstadt waren durch den Pikk jalg (Langer Domberg), der unterhalb dieser Plattform verläuft, voneinander getrennt. Über viele Jahrhunderte hinweg wurde die Turmpforte am unteren Ende des Pikk jalg abends fest verschlossen und erst am nächsten Morgen wieder aufgemacht. Zwischen Ober und Unterstadt gab es ewigen Zwist wegen Geld, Eigentum und Macht. So war der Pikk jalg eine Art Niemandsland zwischen den Bürgern und den Rittern.

 

Gegen 11.30h waren wir wieder in unserem Hotel „Reval Olümpia" (siehe Foto), ruhten noch ein paar Minuten aus, packten unsere Sachen, verabschiedeten uns an der Rezeption und begaben uns zum Restaurant „Olde Hansa" in der Tallinner Altstadt. Dieses Restaurant ist voll und ganz dem Jahr 1400 gewidmet. Inneneinrichtung, Kleidung der „Bediensteten" und Musik ist aus der Zeit, aber auch die Gerichte stammen aus diesem Jahr, das heißt man sucht nach Kartoffeln bzw. Reis vergebens auf der Speisekarte. Es hat vortrefflich gemundet und das Ambiente hat es uns sehr angetan, so dass es uns schwer fiel, aufzubrechen und in Richtung Tallinner Hafen zu gehen.

 

 

Wir kam dort so früh an, dass wir noch genügend Zeit hatten uns in einer großen Markthalle umzuschauen - es galt ja noch ein paar Mitbringsel aus Estland für die Lieben zu Hause zu finden. Gegen 16.30h waren wir wieder auf dem Fährschiff „Nordlandia" das den Tallinner Hafen um 18.00h verließ und um 21.30h in Helsinki ankam. Mit den Busverbindungen hatten wir diesmal Glück und waren um 22.30h wieder in Espoo.

 

Am Morgen des 28. Mai hieß es früh Abschied nehmen von Arto und seiner Familie. Arto war noch so freundlich, mich zum Flughafen Vantaa zu bringen, wo ich um 9.35h mit einem Airbus von Lufthansa (Flug Nr. LH3005) in Richtung Frankfurt abhob, wo ich 2 ¼ Stunden später ankam. Am Flughafen-Regionalbahnhof nahm ich die Bundesbahn und kam (nach zweimaligem Umsteigen) gegen 16.00h wieder in Dillingen an. In der kurzen Zeit von Freitag bis Dienstag habe ich in den beiden Metropolen Helsinki und Tallinn so viele Eindrücke aufnehmen können, dass ich auch noch nachträglich noch lange davon zehren werde.

 


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