Reisebericht Prag

 

 

Welches Werk oder welcher Künstler der tschechischen Musik hat Sie am meisten angesprochen und warum?"

Ganz im Zeichen des „Jahres der tschechischen Musik" veranstaltete Radio Prag im Jahr 2004 seinen traditionellen Hörerwettbewerb.

„Dabei sein ist alles", dachte ich mir, setzte mich an einem verregneten Sonntagnachmittag an meinen PC und schrieb einen kleinen Aufsatz über mein Lieblingswerk, Smetanas „Moldau". Zu keinem Zeitpunkt habe damit gerechnet, dass mir dieser Entschluss eine wundervolle Woche in der goldenen Stadt bescheren würde. Umso größer war die Überraschung und Freude, als mich am 21. Juni Frau Maurovás Nachricht erreichte, dass ich als Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs ausgewählt wurde. Der Preis: Eine einwöchige Pragreise für zwei Personen im Oktober oder November.

Nach Wochen der Vorfreude war es dann endlich soweit. Am 29. Oktober fuhren wir, meine Frau Linda und ich, sehr früh morgens zum Stuttgarter Flughafen, von wo aus uns eine Maschine der tschechischen Fluggesellschaft Ceske Aerolinie, CSA, sehr komfortabel und bestens verpflegt, in etwas mehr als einer Flugstunde zu unserem Reiseziel brachte.

Bei unserer Ankunft erwartete uns bereits die Sekretariatsleiterin von Radio Prag, Frau Pittnerova am Prager Flughafen. Nach sehr herzlicher Begrüßung wurden wir von Ihr zu unserem Hotel gebracht. Der Prager Flughafen liegt etwa zwanzig Autominuten außerhalb des Zentrums. So hatten wir die Gelegenheit zu einem netten Gespräch und zu ersten Eindrücken von der Hauptstadt der tschechischen Republik.

Wir waren im schönen, sehr zentral gelegenen Hotel „Adria Praha", direkt am Wenzelsplatz, untergebracht. Die Geschichte des komfortablen Vier-Sterne-Hotels reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück, wo es zum Karmeliterkonvent der heiligen Maria vom Schnee gehörte. Im Jahr 2003 war das Haus komplett saniert und renoviert worden und verfügt nicht nur über luxuriöse, sehr geschmackvoll eingerichtete Zimmer, sondern auch über einen sehr schmucken Eingangsbereich, ein großzügiges, von Licht durchflutetes Frühstücksrestaurant, eine interessante Bar und ein sehr bemerkenswertes und außergewöhnlich gestaltetes Restaurant. In feinem Ambiente wird man hier - bei Live-Klaviermusik – mit bester böhmischer und internationaler Küche verwöhnt. In kulinarischer Hinsicht hat Prag einiges zu bieten – nicht nur Knödel und das berühmte, fast schon legendäre Prager Bier.

Die goldene Stadt präsentierte sich uns von Ihrer schönsten Seite - ruhiges Spätherbstwetter, sonnig, teilweise auch mit etwas Nebel – lud zu ausgedehnten Spaziergängen und Besichtigungen ein. Überwiegend zu Fuß erkundeten wir die vielfältigen Aspekte der Moldau-Metropole: Von der Teynkirche, dem Altstädter Rathaus, der Karlsbrücke, dem St.-Veits-Dom und viele anderen monumentalen Zeugen einer großen Geschichte ergriffen, bezaubert vom den malerischen, verwinkelten Gässchen der Mala Strana - der Prager Kleinseite - fasziniert von pulsierenden Leben auf beiden Seiten der Moldau nahm uns Prag ganz in seien Bann, dem sich wohl kaum ein Besucher zu entziehen vermag.

Wir folgten dem „Königweg" vom Pulverturm über die Karlsbrücke hinauf zum Hradschin, verbrachten einen ganzen Tag mit der Erkundung der Kleinseite und unternahmen eine ausgedehnte Wanderung durch Prags Neustadt hinauf zum geschichtsträchtigen Vysehrad. Auf dem dortigen Ehrenfriedhof kann man die letzten Ruhestätten vieler bedeutender tschechischer Persönlichkeiten besuchen, darunter auch die von Bedrich Smetana und Antonin Dvorak. Die Prager Burg, den Kaiserpalast, den St.-Veitsdom und das „goldene Gässchen" besichtigten wir in aller Ausgiebigkeit. Besonders beeindruckend ist die Krypta des St.-Veits-Domes, wo sich neben anderen auch die Grabstätte Kaiser Karls IV befindet.

Auf den Spuren des jüdischen Prags besuchten wir die Josefstadt, wo wir den jüdischen Friedhof, die Zeremonienhalle und die Synagogen besichtigten. In der spanischen Synagoge, dem schönsten und prächtigsten Bauwerk des jüdischen Viertels, findet man eine sehr sehenswerte Ausstellung über die Geschichte der Prager Juden von den Anfängen bis in die Gegenwart. Natürlich wird dem Thema Judenverfolgung und Holocaust in besonderer Weise gedacht. Fotografien, Texttafeln und Gegenstände aus dem Leben und Alltag der Opfer fügen sich zu einem erschütternden Bild einer Zeit des Grauens und der Unmenschlichkeit. Auch die für die Juden wenig erfreulichen Jahre des Sozialismus sind Bestandteil dieser Präsentation.

Etwa 30 km südwestlich von Prag befindet sich die Burg Karlstein. Um mit der U-Bahn zum Bahnhof Smichov und von dort mit dem Zug weiter zum gleichnamigen Ort Karlstein zu gelangen, benötigt man etwa eine Stunde. Man fährt dabei durch eine reizvolle Hügellandschaft mit schmucken Ortschaften, so dass auch die Anfahrt ein schönes Ereignis ist. Der Aufstieg zur Burg, vorbei an vielen Restaurants und Souvenirgeschäften, dauert etwa eine halbe Stunde. Die Burg Karlstein liegt hoch auf einem Felsen. Die mittelalterliche Burg war der Aufbewahrungsort für die heiligen Schätze des Reiches. Auch heute kann man dort noch Gold und Edelsteine besichtigen. Etwas schade war, dass man den schönsten Teil der Burg, den „Turm des heiligen Kreuzes" nicht besichtigen durfte. Dafür muss man sich einige Tage vorher anmelden, was wir leider nicht wussten. Auch die beiden Reiseführer, die wir hier in Deutschland gekauft hatten, gaben darüber keine Auskunft. Schade zwar, aber es wird ja sicher ein „nächstes Mal" geben.

Im Zeichen der tschechischen Musik fand nicht nur der Aufsatzwettbewerb von Radio Prag statt. Auch wir folgten dem Motto: Sehr lohnend waren die Besuche des Dvorak- und auch des Smetana-Museums, das sich direkt bei der Karlsbrücke befindet. Beide warten mit umfassenden Dokumentationen über Leben und Werk der großen Komponisten auf. Viele Musikinstrumente und Reminiszenzen ergänzen die Sammlungen. Besonders sehenswert ist, von einem schönen, gepflegten Garten umgeben, die „Villa Amerika" in der Prager Neustadt, in der das Dvorak-Museum angesiedelt ist. Auch das Mozart-Museum in der Villa Bertramka hätten wir gerne besichtigt. Leider hatte es aber bereits geschlossen, als wir dort ankamen. Schuld daran waren auch hier fehlerhafte Angaben in unseren Reiseführern.

Beeindruckend war die große Vielfalt des kulturellen und musikalischen Angebots in Prag. Auf unserem Programm standen zwei Aufführungen in der Staatoper: „Die Zauberflöte" und „Madame Butterfly". Auch ein Besuch der Laterna Magika und ein Abend mit Volksliedern und Volkstanz in schönen traditionellen Trachten gehörten dazu.

Als ganz besondere Höhepunkte unserer Reise waren zwei Besuchstermine bei Radio Prag vorgesehen. Sehr nett wurden wir am Montagvormittag von der Redaktionsleiterin, Frau Mladkova, begrüßt und zu einem ersten kurzen Interview für das „Tagesecho" ins Studio geführt. Auf dem Weg dorthin begegneten wir Lothar Martin, der den Hörern von Radio Prag durch sein fundiertes Sportwissen und seine langjährige Leitung des „Hörerforums" bekannt sein dürfte. Er versprach uns, sich am Nachmittag etwas mehr Zeit für uns zu nehmen.

Im Anschluss an das Interview wurden wir vom Direktor von Radio Prag, Herrn Krupicka, sehr herzlich willkommen geheißen. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir die Gelegenheit hatten, Ihn persönlich kennen zu lernen. Nachdem ich seine schöne Sammlung historischer Radioempfänger bestaunt hatte, blieb auch noch Raum für ein Gespräch, das wir in englischer Sprache führten und in dem auch Themen wie „Radio", „Kurzwelle", „Internet" und „DRM" nicht zu kurz kamen.

In der Redaktion trafen wir dann Frau Kachlikova, die den Hörern auch noch unter ihrem frühren Namen Markéta Maurová bekannt sein dürfte. Ganz spontan erschien Pavla Horáková vom englischen Dienst in den Redaktionsräumen. Sie überredete uns zu einem kurzen Interview in Englisch für die Sendung „Mailbox". Anschließend lud sie uns ins Studio ein, wo wir bei der Produktion der englischsprachigen Sendung zusehen durften. Beeindruckend war die moderne Ausstattung des Studios und die hohen Qualitätsansprüche und die Professionalität der Redaktionsmitglieder, allen voran des Redaktionsleiters und stellvertretenden Direktors David Vaughan.

Nicht weniger beeindruckend war die Produktion der deutschsprachigen Sendung, bei der wir anschließend zu Gast waren. Produziert wurde das „Tagesecho", in das auch mein kurzes Interview integriert wurde. Live und sozusagen „ohne Netz" wurden die Nachrichten gesprochen. Generell sind die Nachrichten, mit denen die Programme von Radio Prag jeweils eröffnet werden, live gesprochen und immer aktuell.

Am Nachmittag kam dann, wie versprochen, Lothar Martin in den Redaktionsräumen vorbei und lud uns in ein nettes Prager Cafe ein, wo wir uns sehr angenehm mit ihm unterhielten. Dabei ging es nicht nur ums Radio, sondern auch um andere aktuelle Themen. Wir sprachen über die Zukunft der Kurzwellentechnik sowie alternative Übertragungswege. Klar wurde, dass ein internationaler Auslandrundfunk nicht allein auf die Kurzwelle setzen darf, sondern dass auch das Internet, Satellitenübertragungen und andere moderne Infrastruktur eingesetzt werden muss, um eine möglichst große Hörerzahl zu erreichen. Insbesondere das Medium Internet erlaubt durch so genannte „Klick-Statistiken" eine transparentere Übersicht über die Hörerzahlen.

 

Unser zweiter Besuch bei Radio Prag fand dann am Donnerstag, dem 4. November, nachmittags, statt. Begrüßt wurden wir von Thomas Kirschner, dem neuen Redakteur des Hörerforums. Während ich beim ersten Besuch noch respektvoll über die Treppe in die Redaktion gelangte, fasste ich mir nun doch ein Herz und stieg in den historischen Paternoster, der anstelle eines Fahrstuhles die Stockwerke des Funkhauses miteinander verbindet. Herr Kirschner nahm uns gleich mit in das Studio, wo Linda und ich zu einem längeren Gespräch – für das „Hörerforum" - eingeladen wurden, in dem wir über unsere Eindrücke in Prag berichten durften. Anschließend trafen wir uns, nach einem weiteren kurzen Besuch in der Redaktion, erneut mit Herrn Direktor Krupicka. Auf dem Programm stand ein Abendessen in festlichem Ambiente, an dem auch Frau Mladkova teilnahm. Dieses und der darauf folgende Besuch der Oper „Madame Butterfly" markierten den festlichen Abschluss einer unvergesslichen Woche.