ein Reisebericht von Friedrich Stöhr

 

Endlich war es soweit: mein jahrelanger Wunsch, einmal die Sahara unverfälscht zu erleben, sollte erfüllt werden. Vielleicht spielt dabei auch etwas Karl May Romantik mit. Zufällig hatte ich in einem Reisekatalog den Hinweis entdeckt, dass man an einer Expedition nach Libyen ins Zentrum der Sahara teilnehmen könne. Zunächst hatten sich nur sechs Teilnehmer gemeldet, der Veranstalter ging aber von einer Mindestbeteiligung von zehn aus. Nach drei Wochen waren es 8 Teilnehmer und es hieß, man wolle auch mit acht Reisenden die Expedition durchführen. Das erforderliche Visum wurde beantragt, Ausrüstungsgegenstände und Filme gekauft und auf eine gute Reise gehofft.

Schließlich kam der 30.März und die Gruppe traf sich auf dem Frankfurter Flughafen um auf die Insel Djerba in Tunesien fliegen. Von dort werden wir auf dem Landweg abgeholt und nach Tripolis, der Hauptstadt Libyens gebracht.

Libyen ist der viertgrößte Staat Afrikas, mit rund 1,8 Millionen qkm etwa so groß wie Europa und hat nur ca. 5 Mill. Einwohner. Davon leben 1,3 Millionen Libyer in der Hauptstadt Tripolis. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 3,6%, 45% der Bevölkerung sind unter 15 Jahre! Der größte Teil des Landes (ca. 90%) ist unfruchtbare Wüste, in der in den letzten 20 - 25 Jahren kein messbarer Niederschlag fiel! Dazu gehört im Süden das Herz der Sahara. Libyen grenzt im Westen an Tunesien und Algerien, im Süden an Niger, den Tschad und Sudan und im Osten an Ägypten. Der Norden Libyens liegt am Mittelmeer, dort hatten auch die Römer und die Punier bereits Siedlungen bzw. Städte. Die Ausgrabungen von Sabrata und Leptis Magna an der Küste werden wir besichtigen.

Es sind 8 Mitreisende, die in den kommenden 18 Tagen Abenteuer in der Sahara bestehen wollen. Wir haben Schlafsäcke und Trinkflaschen im Gepäck, die Zelte werden in Libyen zur Verfügung stehen.

Der Flug nach Djerba ist planmäßig und am nächsten Morgen reisen wir mit einem Kleinbus auf dem Landweg nach Tripolis. Schon etwa 20km vor der Grenze stehen Geldwechsler, die aber einen verhältnismäßig niedrigen Kurs anbieten. Nach mehreren ergebnislosen Verhandlungen sind wir schon an der Grenze ohne Geld getauscht zu haben. Die Abfertigung auf der tunesischen Seite geht zügig, auf der libyschen Seite sehr schleppend vor sich. Aber nach etwa einer Stunde können wir unsere Reise nach Sabrata, einer größeren römischen Ausgrabung etwa 60 km vor Tripolis, fortsetzen. Das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite und vor der Besichtigung von Sabrata nehmen wir in einem Restaurant noch ein viergängiges Mittagessen zu uns. Es gibt Suppe, eine Salatplatte, Gemüse mit Kartoffeln und Geflügel, allerdings sind das keine Hühner sondern bestenfalls Tauben! Aber es schmeckt sehr gut und nach einem Espresso ähnlichem Kaffee setzen wir die Fahrt nach Sabratha fort. Es ist ein sehr großes Gelände direkt am Mittelmeer, auf dem die Ausgrabungen vorgenommen wurden. Zuletzt wurde in den 60er Jahren von amerikanischen Archäologen gegraben, die Gleise der Feldbahn liegen noch dort. Man ist noch nicht fertig mit den Grabungen, anscheinend wurde überstürzt aufgebrochen. Was allerdings einschließlich des Museums zu sehen ist, macht einen großen Eindruck auf uns. Wir haben reichlich Zeit, uns alles in Ruhe anzusehen. Leider ist die Beschilderung fast ausschließlich in arabisch, nur wenige Exponate im Museum sind auch mit einer englischen Erklärung versehen. Eine japanische Reisegruppe und wir sind die einzigen Besucher.

Überall, ob im Museum, in Büros, in Restaurants oder im Hotel begrüßt uns das manchmal freundliche übergroße Porträt des Führers der grünen Revolution, Muhammar al-Gaddhafi Sein grünes Buch (mit mehreren Fortsetzungen) bietet Antworten zur Lösung aller Probleme und ist in vielen Sprachen überall erhältlich. Gegen 18 Uhr setzen wir uns Richtung Tripolis in Bewegung. Auffällig der starke Verkehr und viele neue Privatautos, meist koreanischer Herkunft. Außerdem gibt es sehr viele ältere PKWs ohne oder mit mangelhafter Beleuchtung, überwiegend Peugeots älteren Baujahrs. Wir kommen, wegen des starken Stadtverkehrs, erst gegen 19 Uhr im Hotel

El Maheri (der Kamelreiter) an. Dort ist am Eingang eine Sicherheitsanlage zum Durchleuchten des Gepäcks installiert und wir müssen durch einen Metalldetektor gehen. Bei jedem von uns pfeift der Detektor, was aber niemanden stört. Ob das Durchleuchtungsgerät für das Gepäck auch wirklich eingeschaltet ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Rezeption ist recht eindrucksvoll und lässt viel Komfort im Hotel erwarten. Nach der Ankunft müssen Anmeldeformulare ausgefüllt und die Pässe abgegeben werden. Die bekommen wir bei der Abreise zurück. Die Zimmer werden verteilt und ich bin im 8ten Stock untergebracht. Das Zimmer ist einmal sehr gut eingerichtet gewesen, jetzt ist der Fernseher nur mit Zusatzkarte zu betreiben, die Minibar ist leer und nicht eingeschaltet., die Klimaanlage arbeitet nicht. Das Badezimmer ist schlicht eingerichtet, Gläser zum Zähneputzen sucht man vergebens. Aber es gibt immerhin zwei Handtücher!

Das Abendessen findet nicht in unserem Hotel sondern in einem recht noblen libanesischen Restaurant etwa eine halbe Autostunde entfernt statt. Hier hat man sich sehr viel Mühe gemacht und die Kellner schenken selbst das Mineralwasser mit unnachahmlicher Würde ein. Dass es keinen Alkohol (also auch kein Bier) gibt bedarf wohl keiner besonderen Er-Wähnung. Nur Fruchtsaft und Mineralwasser sind zu haben. Das Abendessen ist zwar sehr spät aber ausgezeichnet. Wir haben unseren Fahrer gebeten, uns doch beim Geldumtausch behilflich zu sein und er meint, bei einem seiner Freunde einen guten Kurs erzielen zu können. Es werden uns 2.50 LD für einen US-Dollar geboten, das wird akzeptiert. Allerdings sichtet ein Mitreisender im Hotel eine Tafel mit der Aufschrift „1 US-$ = 2.95 LD" worauf wir bei dieser offiziellen Bank im Hotel zu diesem vorteilhaften Kurs umtauschen wollen. Leider ist die Bank am Abend bereits geschlossen und am nächsten Morgen noch nicht geöffnet, wir haben also kein libysches Geld. Das ist nicht sehr problematisch, da alle Speisen und Getränke in Libyen von unserem Begleiter bezahlt werden. 

Der nächste Tag beginnt mit einem mittelmäßigen Frühstück, danach fahren wir eineinhalb Stunden Richtung Osten nach Leptis Magna. Diese römische Stadt wurde vom römischen Kaiser Severus Septimus gegründet und ist im Umfang noch größer als Sabrata am Vortag. Diese Ausgrabung wurde ebenfalls überwiegend von amerikanischen Archäologen vor-genommen und in den 60er Jahren abgebrochen. Ob sie weitergeführt werden wird ist unbekannt. Es gibt noch etliche Hektar zu erforschen. Während unseres Rundgangs kommt auch eine libysche Schulklasse auf das Gelände und wir werden von den meisten Schülern bestaunt. Einige scheue „Hellos" und „How are you´s" werden ausgetauscht, ein Gespräch kommt aber nicht zustande.

Noch beeindruckt vom Gesehenen fahren wir zum Flughafen von Tripolis um etwa 1000km nach Süden direkt in die Sahara nach Sebha zu fliegen. Der Flughafen erinnert eher an ein verlassenes Gebäude: man kann nur etwa bis 100m an das Abfertigungsgebäude heranfahren, der Rest ist zu Fuß zurückzulegen. Gepäckwagen sind unbekannt, es muss natürlich alles selbst transportiert werden. Im Flughafen selbst sind nur wenige Leute zu sehen, es herrscht überwiegend Dunkelheit.

Kassem, unser libyscher Begleiter führt uns in eine dunkle Ecke, dort wird tatsächlich unser Gepäck angenommen! Die dort installierten Leuchtstoffröhren sind allesamt defekt, lediglich die Starter glimmen noch verschämt. Die Gepäckwaage scheint auch nicht in Betrieb zu sein, wird aber benutzt. Hier im Erdgeschoss gehe ich nicht zur Toilette, höre aber von Mitreisenden, dass sie unverrichteter Dinge zurückkommen, der Zustand sei schlicht unzumutbar. Danach gehen wir eine Etage höher in den Abflugbereich. Die Toilette dort hat zumindest ständig fließendes Wasser um sich die Hände waschen zu können. Wie es heißt hat die Libysche Inlandsfluggesellschaft gerade noch zwei Flugzeuge, die anderen wurden wegen der fehlenden Ersatzteile durch das Wirtschaftsembargo ausgeschlachtet. Es werden keine Sitznummern verteilt, auf irgendein geheimes Zeichen setzen sich nach etwa einer Stunde Verspätung alle Passagiere (die Maschine Boeing 727 ist ausgebucht) panikartig in Bewegung. Es gibt ein Getümmel und nach der Gepäckidentifizierung sind wir schließlich doch noch auf einem Sitzplatz gelandet.

Der Flug verläuft ruhig, es wird sogar eine Erfrischung mit zwei Keksen serviert! Nach 90 Minuten Landung in Shebha bei untergehender Sonne. Das Gepäck kommt nicht, unsere Fahrer holen uns am Flughafen ab und besorgen auf unerklärliche Weise auch unser Gepäck!

Zusammen mit einem kanadischen Geologie-Professor und einem weiteren Mitreisenden steige ich in einen der drei wartenden Toyota Landcruiser. Unser Fahrer Muftah ist ein freundlicher etwa 25 jähriger Tuareg, leider spricht er nur etwas französisch und arabisch. Er fährt uns zum Hotel Kalla, dessen zweistöckiges Gebäude äußerlich einen recht guten Eindruck macht. Das Haus hat sicher bessere Zeiten gesehen. Die Rezeption ist ziemlich protzig, die Zimmer eher jämmerlich! In meinem Zimmer ist die Toilettenspülung mit dem Warmwasser verbunden, läuft ständig und hat daher einen unappetitlichen braunen Streifen im Becken hinterlassen. Die Schranktüren sind nicht zu schließen und klaffen immer auf, bis auf zwei Glühlampen sind die Fassungen leer, zwei zerschlissene Handtücher liegen auf dem Bett, der Vorhang hängt noch an zwei Stellen an der Schiene, die Minibar ist leer und ausgeschaltet. Das Bett ist aber anscheinend sauber.

 

Am Abend wollen wir nach dem Abendessen in einem etwas schmuddeligen Restaurant noch telefonieren. Das ist nicht ganz einfach weil wir ja noch immer kein libysches Geld haben. Lediglich unser Reiseleiter hat von seiner letzten Reise noch ein paar Dinar übrig behalten. Die Telefonvermittlung erinnert an einen Wartesaal: eine Reihe von Stühlen an der Wand davor ein sehr laut eingestellter Fernseher und in einer Ecke ein Tresen mit einem Buch. Dort hat sich jeder Telefonierer einzutragen mit Name, Telefon- und Passnummer! Die Verbindung dauert etwa 30 Minuten, die Verständigung ist aber sehr klar. Man fasst sich kurz denn das libysche Geld ist knapp!

Das Frühstück am nächsten Morgen besteht gerade mal aus einem Stück Baguette mit einer Portion Marmelade und einer Tasse sehr bitteren Kaffee. Beim Auschecken bekommen wir unsere Pässe zurück aber beim Abfahren fehlt unser Fahrer Muftah! Dafür ist ein schmächtiger, etwa 45jähriger Libyer namens Ibrahim mit ziemlich starker Brille dazugekommen. Von seinem Aussehen sind wir etwas enttäuscht, stellen aber im weiteren Verlauf der Reise fest, dass er ein wahrer Meister mit seinem Toyota ist: wir bleiben selbst bei den tückischsten Dünen nicht einmal im Sand stecken! Wegen seiner Brille taufen wir ihn „Professor Toyota". Auch er spricht kein Englisch, lediglich etwas Italienisch und natürlich Arabisch. Wir kommen aber bestens mit ihm zurecht obwohl er sehr konzentriert fährt und kaum ein Wort spricht. Ob es in Shebha überhaupt eine Bank gibt wissen wir nicht, heute ist Freitag (islamischer Sonntag) und wir sind weiterhin ohne einheimisches Geld. 

Zunächst wird eine Tankstelle angefahren und ausgiebig getankt: jeder Landcruiser hat auf dem Dach noch sieben 20l-Kanister montiert. Natürlich wird auch Wasser gefasst, mehrere 30l Plastik-Kanister werden gefüllt. Unser Reiseleiter achtet sehr darauf, dass in jeden dieser Kanister ein Entkeimungsmittel kommt. Nicht zu vergessen die Ghirba (Ziegenbalg) die immer gut gekühlt an der Fahrerseite des Autos hängt und aus der die Tuaregs unterwegs ihren Durst stillen. Für uns Europäer ist das nicht empfehlenswert...

Unsere Wagenkolonne besteht nun aus vier Fahrzeugen mit vier Fahrern, Koch und Küchenhelfer, 9 Reisenden und dem deutschen Reiseleiter. Für die Fahrt erhält jeder eine Flasche Mineralwasser mit 1,5 l, das ist die normale Tagesration. Dazu kommt morgens 1-2 Tassen Tee oder Kaffee und mittags eine Dose mit einem Fruchtsaftgetränk. Außerdem hat noch jeder eine 1,5 l Flasche mit Waschwasser, das man aber besser nicht trinken sollte. Das Fahrtziel ist die Hammadad al Hamrah (Steinwüste), das Akakus-Gebirge und die legendären Mandara-Seen.

 

Die erste Fahrstrecke geht über rund 700km nach Westen zur alten Stadt Gath nahe der algerischen Grenze. Diese Strecke führt über Teerstraße, bei den späteren Fahrten können wir keine derartigen Strecken zurücklegen. Mittags wird unter einigen Bäumen im spärlichen Schatten ein Teppich ausgerollt und der Koch zaubert eine kalte Platte mit viel Salat, Fisch aus der Dose und Baguette-artigem Weißbrot. Davon hat unser Koch größere Mengen eingekauft, denn wir kommen in den nächsten 6 Tagen kaum in die Nähe einer menschlichen Ansiedlung. Dazu gibt es noch eine Dose Fruchtsaftgetränk. Trotz der Temperatur von 35 Grad C bei etwa 10% Luftfeuchtigkeit, schmeckt uns die „kalte Platte" prima und nach zwei Stunden Rast geht es weiter.

Unsere Fahrer sind mit dem landesüblichen Turban (Cheche) und einem Umhang (Gelaba) bekleidet. Bei den Tuareg tragen nur die Männer einen Schleier vom Gesicht, was sich gegen den Staub in der Luft als sehr zweckmäßig erweist. Die Tuareg Frauen (Targas) tragen keine Schleier. Allerdings haben wir keine Targa zu Gesicht bekommen...

Bevor wir einen Zeltplatz suchen wird noch dürres Holz für das Lagerfeuer gesammelt und auf dem Dachgepäckträger deponiert. Etwa 20km vor Gath beziehen wir auf einer Sanddüne unser Nachtcamp. Die erste Aktion ist immer das Entfachen des Campfeuers durch die Tuaregs auf dem gleich danach der unvermeidliche Tee gekocht wird. Am Feuer wird nach dem Essen auch gesungen und mit einfachsten Mitteln Musik gemacht. Die leeren Wasser- oder Benzinkanister dienen als Trommeln und hören sich erstaunlich gut an. Die „Trommel" geht am Feuer von Hand zu Hand weiter, jeder unserer Tuaregs ist ein talentierter Trommler! Die Tuaregs erwarten einen Wechselgesang Touristen - Tuareg, was aber nicht gerade gut gelingt. Jeder Reiseteilnehmer bekommt das Material für ein Zelt in die Hand gedrückt und darf sich einen geeigneten Platz dafür aussuchen. Die Zelte sind sehr leicht, etwa 2m lang, 1,50m breit und 90cm hoch. Das Aufstellen des Zeltes ist nicht sehr schwierig solange kein Wind weht. Und in der Wüste weht fast immer etwas Wind! Deshalb hat man alle Hände voll zu tun um das Zelt am wegfliegen zu hindern. Vorteilhaft ist es daher, noch vor dem Aufbau das Gepäck auf dem Zeltboden als Gewicht zu deponieren und danach den unteren Zeltrand im Sand einzugraben.

Das Abendessen (es gibt immer eine Suppe, ein Hauptgericht und Nachtisch) wird gekocht und serviert, die Tuareg haben einen eigenen Topf auf dem Feuer und essen immer etwas später. Jeder von uns bekommt eine emaillierte Schüssel, die für alle drei Gänge benutzt wird. Dazu wird Mineralwasser getrunken. Das Geschirr wird später vom Gehilfen des Kochs gespült. Dann wird der Schlafsack auf der bereitgestellten Schaumstoffmatratze ausgerollt und versucht zu schlafen. Die Tuareg machen noch lange Musik am Feuer und danach kommt die unglaubliche Stille der Wüste. Unsere Begleiter brauchen kein Zelt, sie schlafen direkt unter den Sternen. Es ist kaum zu glauben, wie viele Sterne man hier in der klaren Luft und stockdunkler Nacht sehen kann. Erst viel später geht der Vollmond auf und beleuchtet die exotische Dünenlandschaft. 

Der Sonnenaufgang ist leider nicht so spektakulär wie ich das erwartet hatte, hinter einer Düne ging sie auf und ist dann ganz einfach da. Rings um mein Zelt sind viele Spuren von Feneks (Wüstenfuchs), Eidechsen, Wüstenspringmäusen und Käfern zu sehen, Schlangen und Skorpione sichten wir nicht. Die 1,5 l Waschwasser werden wenigstens über zwei Tage reichen müssen, die „Morgenwäsche" fällt also entsprechend spärlich aus.

Die „Toilette" liegt hinter der nächsten Düne. Wir haben Papier mitgebracht und dazu benötigt man noch ein Feuerzeug, um des gebrauchte Papier am Wegfliegen zu hindern wird es angezündet. Inzwischen brennt schon wieder das Lagerfeuer und zum Frühstück gibt es Nescafe oder Tee mit Trockenmilch und Zucker, dazu Weißbrot mit Marmelade, Dattelsirup und Käse-kecken. Jeder erhält eine emaillierte Tasse und bedient sich selbst, man gewöhnt sich daran.

An diesem Tag besichtigen wir Alt-Gath, das auf einem Hügel unterhalb einer kleineren alten Festung liegt. Die gesamte Altstadt ist verlassen, die Häuser sind inzwischen Ruinen. Die Regierung hat die Bewohner aus den „rückständigen Häusern" in neue Häuser in kasernenmäßiger Anordnung umgesiedelt! Dass die alten Häuser wesentlich besser an das hier herrschende Klima angepasst waren hat anscheinend niemand bedacht! Zwar bekamen die Einwohner von Gath ihre neuen Häuser kostenlos, sie leiden aber in den Beton- und Wellblechbauten. Außerdem ist die soziale Struktur auseinander gerissen worden, die Familien wurden bunt zusammengewürfelt. 

Hier in Gath gibt es ein kleines Tuareg-Museum wo auch einige Silberschmiede, vermutlich aus dem Tschad, Tuaregschmuck zum Kauf anbieten. Da wir noch keine libyschen Dinare haben werden Dollars verwendet. Wir machen hier wieder einen Versuch Geld zu tauschen. In einer „Boutique" findet die Verhandlung statt, der angebotene Tauschkurs (1$ = 3 LD) klingt gut. Ein Targi sammelt von jedem 50 $ ein und fährt mit einem Taxi weg um zu wechseln. Wir warten inzwischen in einem „Cafe" bei einem Tee. Schon nach 10 Minuten erscheint der Targi wieder und berichtet, der Mann, der das Geld tauschen würde, sei nicht da... Ob das die Wahrheit oder eine Ausrede ist, wissen wir nicht.

Wie wir schon mehrfach feststellen konnten, stehen des öfteren auffällig unauffällig etwas besser gekleidete Männer gelangweilt an verschiedenen Plätzen. Wie man hört soll das Gaddhafis Geheimpolizei sein, die alles hört und alles sieht. Vielleicht wurde dem Geldtauschvermittler Angst und er zog sich zurück. An den folgenden Tagen fahren wir über das unterschiedlichste Gelände, sehen phantastische Landschaften, die durch Worte nicht zu beschreiben sind. Auch Fotos oder Filme können diese Bilder nur unzureichend wiedergeben, vielleicht wären Panoramaaufnahmen in 3D noch am Besten. Bizarre Felsformationen, geformt durch frühere Flussläufe, extreme Temperaturunterschiede und das ewige Sandgebläse der Wüste, Kletterdünen, die an Felswänden mit kontrastierenden Farben emporragen, Wanderdünen mit immer neuen vom Wind geformten Sandwellen und natürlich die schier unfassbare Weite und Menschenleere: das macht auf alle einen unglaublich starken Eindruck. Wenn man diese Landschaft gesehen hat wird man sie niemals vergessen können. An einem Abend ist ein Fußballspiel Libyen - Deutschland angesetzt. Das „Spielfeld" ist im Sand, der Ball ein Stoffbündel, je drei Spieler und ein Torwart, der Altersdurchschnitt der deutschen Mannschaft 55 Jahre, der der libyschen Mannschaft 32 Jahre. Spielzeit zweimal 10 Minuten. Temperatur etwa 28 Grad. Ergebnis: Libyen schlägt Deutschland mit 5 zu 1! 

Nach dem Abendessen (es ist schon dunkel) wird wieder gesungen und später setzen sich einige Leute in einen Landcruiser um das Camp einer französischen Reisegruppe einige Kilometer entfernt zu besuchen. Das geht nicht gut: was schon bei Tageslicht nicht gerade einfach ist misslingt dem Fahrer und er schafft den Dünenkamm nicht. Da das Fahrzeug die Düne schräg angefahren hat kippt es seitlich weg und überschlägt sich zweimal! Wie ein Wunder ist den sechs Insassen bis auf einige Prellungen nichts passiert. Das Fahrzeug wird wieder aufgestellt, die Frontscheibe ist zerbrochen und wird komplett herausgelöst. Bei Lampenschein reparieren die Tuaregs die halbe Nacht um am Morgen wieder fahrbereit sein zu können. Natürlich gibt es kein Telefon (Funkgeräte sind in Libyen verboten), es wäre auch bei Nacht keine Hilfe von außerhalb möglich gewesen. Am nächsten Morgen wird die Besatzung umverteilt, der Koch und sein Helfer müssen mit dem Unfallauto weiterfahren, die Reisenden werden auf die anderen Fahrzeuge verteilt. Zwei Tage später bekommen wir ein anderes Auto mit Fahrer. Wie sich im Laufe der Reise zeigt, sind unsere ziemlich gläubige Moslems. Wann immer sich die Gelegenheit bietet verrichten sie die fünf vom Koran vorgeschriebenen täglichen Gebete, wo immer wir uns gerade befinden. Unterwegs kommen wir an eine sehr ärmliche Grashütte. Vor dem Zaun aus Palmwedeln sitzt ein alter Mann, in einiger Entfernung ist ein etwa 2 jähriges Kind an eine Leine angebunden. Unsere Tuaregs nähern sich dem Alten sehr langsam, wie wir später erfahren ist er blind. Deshalb die Leine für das Kind, damit es nicht weglaufen kann. Der Rest der Familie ist anscheinend mit der Schaf- und Ziegenherde unterwegs. Der alte Beduine bekommt etwas Geld, Seife und ein paar Süßigkeiten geschenkt worüber er offensichtlich sehr glücklich ist.

Unsere Fahrer haben weder Kompass noch Karten, die Tuaregs orientieren sich sicher an der Natur. Was sie nun genau als Markierungen benutzen ist uns verborgen geblieben. Unser deutscher Reiseleiter hat ein GPS-Gerät bei sich und kann unseren Standort via Satellit ermitteln. Ohne genaue Karte ist aber auch dieses Hilfsmittel nutzlos. Er kann die Höhe (wir bewegen uns zwischen 800 und 1000m) und die Entfernung zu den nächsten Orten ermitteln. Das ist aber Luftlinie und hat keinen Bezug zur Realität, die tatsächlich zu fahrenden Distanzen sind wenigstens dreimal so weit.

Wir laufen auch gelegentlich zu Fuß über die Sanddünen und merken dabei, dass der Sand sehr unterschiedlich sein kann. Je nach Struktur, Farbe und Wind ist die Oberfläche fest oder locker. Manchmal sinkt man fast einen halben Meter tief ein. Meine Wanderschuhe mit Profilsohle sind für diese Art Wanderung eher ungeeignet, glatte großflächige Sohlen sind hier zweckmäßiger. Anfänglich hatte ich Bedenken, dass der in die Schuhe fallende Sand Probleme beim Laufen verursachen würde: ist nicht der Fall. Man gewöhnt sich daran, der Schuh drückt kaum. Man muss lediglich auf abgebrochene Zweige mit Dornen achten, die recht unangenehm in die Fußsohlen pieken. Es gibt auch manchmal etwa zentimetergroße stachelige Kugeln wie Kletten, die auch nicht angenehm sind. Dafür gibt es keine Sandflöhe und auch Fliegen sind kaum anzutreffen. Gelegentlich leisten uns einige spatzengroße Mussa-Mussa Vögel Gesellschaft, die nach unseren Brotbröseln suchen. Auf den Felsen sehen wir manchmal Krähen-große schwarze Vögel, vermutlich Aasfresser. Geier sahen wir nicht. 

Nach vier Tagen kommen wir an eine Wasserstelle mit ziemlich graugrünem Wasser, was uns nicht gerade Appetit macht. Trotzdem werden die Kanister gefüllt (und mit Entkeimungsmittel versehen) sowie die Haare gewaschen. Eine sehr willkommene Erfrischung! Die Tuaregs nutzen die Gelegenheit und waschen ihre Umhänge, die nach kurzer Zeit wieder trocken sind. Hier treffen wir auch wieder einmal andere Menschen: zwei Motorradfahrer aus Rosenheim wollen auch Wasser holen. Sie teilen uns mit, dass das 8 jährige Embargo gegen Libyen am nächsten Tag aufgehoben werden soll... Dann können auch wieder Direktflüge nach Tripolis stattfinden.

Am achten Tag kommen wir nach Germa, vor 2000 Jahren die Hauptstadt der kriegerischen Garamanten, Vorfahren der Tuaregs. Diese haben sich im Norden Libyens viele Kämpfe mit den Römern geliefert und waren bei denen als tapfere Krieger gefürchtet. Heute ist Alt-Germa verfallen, es wurde vermutlich aus Wassermangel verlassen. Unweit der alten Stadt liegt das neue Germa, außer dem sehr gut eingerichteten Museum ist nichts erwähnensweit. Aber es gibt ein „Hotel", in dem wir die Möglichkeit haben zu Duschen. Unser Koch nutzt die Gelegenheit zum Auffüllen der Vorräte, besonders frisches Brot und Gemüse werden eingekauft.

Diesmal ist unser Camp auf einem „Campingplatz", der eine Art Einzäunung aus Palmwedeln besitzt. Das kommt uns sehr gelegen, denn es zieht ein Sandsturm herauf und wir schlagen unsere Zelte im Windschatten des Zauns auf. Der Wüstenwind ist sehr warm und wir vermuten einen gefürchteten Ghibli. Das trifft aber nicht zu und es bleibt ein mäßiger Sandsturm. Am nächsten Morgen ist wieder alles vorbei. 

Wir fahren nun ins Akakus-Gebirge und betrachten an vielen Stellen die Felszeichnungen und Gravuren aus früher Vorzeit. Meist an Felsüberhängen unter denen die frühen Bewohner dieser Gegend lagerten, sind diese frühen Kunstwerke zu finden. Sie zeigen Tiere wie Giraffen, Rinder, Strauße, Krokodile, Nashörner, Krieger und Tänzer aus der Zeit, als hier noch eine üppige Vegetation zu finden war. An einigen Stellen wurden Löcher gegraben und man kann die Schichten der Holzfeuer von vor 10 000 bis 70 000 Jahren erkennen. Faustkeile und Pfeilspitzen sind zu finden, hierher kommen kaum jemals Besucher die diese Fundstücke mitnehmen würden. Nicht nur vorzeitliche Felsgravuren sind hier zu finden, auch die Tuaregs haben seit 2000 Jahren Inschriften in Tifinar (Schrift der Tuareg) hinterlassen. Die Zeichen erinnern an moderne Computer-Symbole.

Auch die Landschaft ist nach wie vor überwältigend, neben der Weite ist die Einsamkeit und Stille am Eindrucksvollsten. Es wäre nicht hilfreich würde ich weiter euphorisch das Gesehene beschreiben wollen. Man muss diese Landschaft mit eigenen Augen gesehen haben, es gibt keinen Ersatz! 

Jetzt geht unsere Fahrt öfters über schauerliche Schotterstrecken mit spitzen Steinen, die unsere Fahrer sehr langsam passieren um die Reifen zu schonen. Für eine Strecke von 20km kann man schon mal vier Stunden ansetzen. Im Wadi (Trockental) Mathendous treffen wir am zwölften Tag unserer Reise eine französische Reisegruppe. Das Wadi mit seinen vielen Felsgravuren steht unter dem Schutz der UNO (Kulturerbe der Menschheit) und wird häufiger besucht. Bei einem Stop unterwegs tauchen aus dem Nichts zwei Beduinenkinder auf. Nirgendwo ist ein Tier, Mensch, Zelt oder eine Hütte zu sehen, niemand kann erklären, woher die beiden kommen. Sie bieten gefundene Pfeilspitzen aus Feuerstein an. Das einzige Tamascheck-Wort (Tuaregsprache) was die Tuaregs und ich verstehen können, ist: „Chamsa" = fünf. Das soll wohl der Preis für die Pfeilspitzen sein. Der Rest ist unverständlich, vielleicht ein Beduinen Dialekt. Eine Pfeilspitze ist besonders schön und wird von einem Mitreisenden für zwei Dollar gekauft. Damit weiß wiederum das Kind nichts anzufangen und unsere Tuaregs können dem Kind den Wert des Geldscheins auch nicht klarmachen. 

Ab jetzt fahren wir nur durch teilweise riesige Sanddünen, die unseren Fahrern ihre ganzen Fahrkünste abfordern. Mache Dünenflanke wird nicht im ersten Anlauf geschafft, ist der Wagen aber oben, dann sollte er am Besten anhalten. Vorher ist nie erkennbar, wie es auf der anderen Seite weitergeht. Unsere Tuaregs fahren nicht gerne zur Mittagszeit, da ist der Einfall des Sonnenlichts so steil, dass man die Struktur des Sandes nicht gut erkennen kann. Ob auch die Temperatur für die Festigkeit des Sandes eine Rolle spielt, konnten wir nicht herausfinden. Insgesamt nur einmal blieb einer unserer Wagen so stecken, dass er herausgeschoben werden musste. Einige Kilometer später tauchen hinter einer großen Düne plötzlich einige Dromedare auf. Nach dem Passieren der Düne kommen vielleicht fünfzig Dromedare zum Vorschein. Ein einziger Hirte wacht über die Herde, er hat ein Packdromedar dabei. Der Targi, ein echter Nomade, kommt zu unseren Fahrzeugen und erhält als Geschenk ein Paket Nudeln und Trinkwasser. Wir dürfen ihn fotografieren aber macht sich gleich wieder auf den Weg weil seine Herde auseinander zu laufen droht.

Nach diesem Intermezzo reisen wir nach Norden zu den Mandara-Seen. Diese liegen inmitten der Sandwüste und sind von vielen Palmen eingesäumt. Aus einiger Entfernung sehen die Seen genauso aus, wie man sich in Europa eine Oase vorstellt. Beim Näherkommen erkennt man allerdings die schon weit vom Sand verwehten Palmen. Da der Wind allerdings nicht immer in der gleichen Richtung weht, besteht die Möglichkeit, dass sie auch wieder freigeweht werden können. Die Seen sind nicht immer vorhanden, auf geheimnisvolle Weise verschwinden sie zeitweise und sind später wieder mit Wasser gefüllt ohne, dass es geregnet hätte... Das „Wasser" ist allerdings sehr natronhaltig, trotzdem schwimmen unsere Tuaregs darin. Nach dem Bad klagen sie über Augenbrennen und werden von uns mit Augentropfen verarztet. 

Auch hier hat die Regierung eine Umsiedelung vorgenommen: wie erzählt wird, fuhren LKWs vor und innerhalb von zwei Stunden wurden alle Bewohner des Ortes am See in eine neue Siedlung weggebracht. Schöner Wohnen auf Libysch. Die Hinterlassenschaften im alten Ort vermitteln den Eindruck eines Bombenangriffes.  Nach einem letzten Zelt-Camp auf einer Düne mit herrlichem Ausblick auf die Seen kehren wir zurück nach Shebha. Hier endet unsere Sahara Tour und es gibt den großen Abschied von unseren ausgezeichneten Tuareg-Fahrern, dem Koch und seinem Helfer. Das Trinkgeld wird in US-$ gegeben, hoffentlich haben die Fahrer mehr Glück beim Tausch. Dann Weiterfahrt mit einem Kleinbus nach Tripolis auf asphaltierter Straße. Das wird eine Gewalttour, nach 14 Stunden mit drei kleinen Pausen kommen wir dort an und sind diesmal im Fünfsterne-Hotel Bab el-Bahr (nach unserer Beurteilung bestenfalls 3 Sterne). untergebracht. Wieder, wie schon bekannt: eindrucksvolles Äußeres und Rezeption, eher schlichte Zimmer. Essen spare ich mir an diesem Abend und gehe gleich unter die Dusche. Auch nach dreimaliger Haarwäsche kommt noch immer roter Wüstenstaub heraus... Das Abendessen soll wieder im schon bekannten libanesischen Restaurant stattfinden, mir ist es aber zu spät und ich ziehe es vor zu schlafen.

Am nächsten Morgen ein karges Frühstück und ein letzter Versuch Geld zu tauschen! Ich wollte evtl. ein grünes Buch kaufen. Im Hotel steht ein Schild „Bank Sahara", der dahinter befindliche Schalter ist aber nie geöffnet. Auf meine Nachfrage an der Rezeption sagt man mir, ich solle aus dem Hotel ins nächste Gebäude gehen. Das ist eine Anordnung von fünf modernen Bürotürmen, überall arabische Hinweisschilder, die ich aber nicht lesen kann. Unser libyscher Begleiter Kassem will mir helfen. Nun werden wir zu fünf verschiedenen Büros geschickt, das fünfte ist anscheinend die Bank. Im Inneren sind mehrere Tresen, an denen Leute offensichtlich zwecks Unterhaltung stehen. Man hat nicht den Eindruck in einer Bank zu sein, lediglich zwei Computerbildschirme vermitteln einen etwas offiziellen Eindruck. Kassem fragt eine Angestellte, die verweist ihn weiter an einen gut gekleideten Mann, anscheinend der Chef. Nach einem längeren Gespräch kommt Kassem zurück und verkündet: der Direktor könnte tauschen, aber zu einem sehr schlechten Kurs (1$ = 0,45 LD). Deshalb empfiehlt er uns eine andere Bank aufzusuchen... Ende der Bemühungen Geld zu tauschen, jetzt ist es entgültig genug!

Vor dem Hotel befindet sich ein sehr großer Parkplatz, auf dem sicher nicht nur die Fahrzeuge der Hotelgäste stehen. Dazwischen vielleicht 50 ziemlich dunkle Männer (vermutlich aus dem Niger), die bei jedem ankommenden Auto gleich die Scheiben putzen. Sie wollen sich so ein paar Millimes verdienen da sie sonst keine Arbeit finden können. 

Tripolis ist eine beliebig austauschbare mediterrane Stadt ohne eigenes Gesicht. Moderne halbfertige Gebäude, die schon wieder verfallen, sind allenthalben zu sehen. Breite vielbefahrene Straßen (Benzin kostet zwischen 5 und 10 Pf je nach Umtauschkurs), höchstens das Gebäude des Nationalmuseums ist noch markant. Dann Besichtigung des wirklich sehenswerten Nationalmuseums (das oberste Stockwerk ist ausschließlich für den Führer der Revolution und seine Gastgeschenke reserviert). Mehrere Schulklassen werden von ihren Lehrern durch das Museum geführt und es werden wieder einige Worte in Englisch gewechselt. Zunächst ist der etwa dreißigjährige Lehrer einer Jungenklasse etwas verschlossen. Nachdem aber seine Schüler mit uns sprechen wollen, hilft er uns beim Übersetzen. Es wird über belanglose Dinge gesprochen, erstaunlicherweise kennt man bei den fußballbegeisterten Jungen Bayern München noch nicht! 

Danach gehen wir durch eine der letzten Handwerkerstraßen in der Altstadt von Tripolis und dürfen sogar eine momentan nicht benutzte Moschee besuchen. Mittagessen haben wir in einem typisch libyschen Restaurant, es gibt Couscous: gut.

Wir kommen am riesigen grünen Platz aus der Altstadt, ein beliebter Treffpunkt der Leute besonders am Abend. Dann ist der Platz heller erleuchtet als ein Fußballstadion. Auf dem Platz sind zum Bestaunen Teile der gewaltigen Betonrohre mit über 3m Durchmesser aufgestellt, mit denen das Projekt „künstlicher Fluss" durchgeführt wird. Das Projekt soll aus dem Süden des Landes über 2000 km Wasser in den bevölkerten Norden bringen. Es ist wie bei dem Bewässerungsprojekt fossiles Wasser aus etwa 1000m Tiefe, dessen Reservoir begrenzt ist. Je nachdem, wann das Wasser zu fließen beginnt, rechnen Experten mit einer Betriebszeit von vielleicht 10 bis 15 Jahren. Sicher wäre es nicht teurer aber zukunftssicherer am Mittelmeer Entsalzungsanlagen mit Sonnenenergie zu bauen. Zurück beim Hotel gehen wir noch am Strand entlang: überall liegt Müll und Schrott, auch im Swimmingpool des 5-Sterne Hotels! Hier steht noch viel Renovierungsarbeit an. Auf einem Vordach des Hotels stehen zwei aufwendige Satellitenantennen-Drehgestelle, allerdings fehlen die Antennen und die Gestelle rosten vor sich hin. Vor dem Hotel befindet sich ein größerer Parkplatz und wenigstens 30 bis 40 dunkelhäutige Männer warten hier auf ankommende Wagen. Sofort beginnen sie mit etwas Wasser und Lappen die Scheiben zu putzen um an ein paar Millimes zu kommen. Offensichtlich sind es Bewohner der südlichen Landesteile, die in die Hauptstadt gekommen sind um hier Arbeit zu finden.

Am vorletzten Reisetag fahren wir mit dem Bus wieder zurück nach Djerba. Die Abfertigung auf der libyschen Seite der Grenze ist schleppend aber korrekt, der Grenzbeamte auf der tunesischen Seite will unbedingt unser Gepäck ansehen, das auf dem Dach des Busses festgezurrt ist. Also abladen. Endlich kommen wir auf die Idee, die beiden Videokameras ins Gespräch zu bringen. Die mussten nämlich in den Pass eingetragen werden und werden nun wieder kontrolliert. Damit hat die Gepäckkontrolle ein Ende gefunden. Ich sollte noch anmerken, dass wir in Libyen etwa 50 mal von Polizei oder Militär kontrolliert wurden. Manchmal direkt an der Strasse, manchmal an einem einsamen Posten irgendwo in der Wüste. Die Fahrer mussten ihre Papiere zeigen und für uns wurde eine Liste mit allen Namen der Mitreisenden abgegeben. Eine genauere Überprüfung fand aber nicht statt. Es ist in Libyen verboten Fotos von Brücken, Eisenbahnen, Polizeiposten, Polizei- oder Militärpersonen zu machen.

Nach dem Passieren der Grenze fühlten wir uns wie in einer anderen Welt: freundliche Ortschaften mit sauber gestrichenen Häusern und Vorgärten mit Blumen, nette Menschen und geordnete Vegetation auf den Feldern. Die kräftigen Farben der Kleidung und auch der Reklame machte einen fast heimatlichen Eindruck auf uns Rückkehrer. In Djerba Abendessen, telefonieren und eine kurze Nacht: um 4 Uhr werden wir zum Flugplatz gebracht, 6 Uhr Abflug nach Tunis, 7 Uhr 45 Weiterflug nach Frankfurt. Denkste: die Maschine der Tunis Air in Tunis wartet nicht auf uns und wir stehen da!

Dann die Nachricht: wenn ihr heute noch aus Tunis rauswollt, dann nur mit der nächsten Tunis Air Maschine nach München! Also schnellstens umgebucht, ein Flughafenangestellter schleust uns beschleunigt durch die Passkontrolle, rein in die Maschine und ab. Ankunft in München gegen 12 Uhr mit Schnee bei fast Null Grad! Zu kalt, brrrr.

Der Flug von Frankfurt nach Nürnberg lässt sich nicht umbuchen, es geht am Nachmittag kein Flug mehr nach Nürnberg. Also Bundesbahn. Jetzt geht alles sehr schnell: ein Ticket lösen (Rail und Fly geht nicht, es muss der volle Preis bezahlt werden), S-Bahn nach München Hbf und via Augsburg weiter heimwärts. Das Gepäck ist natürlich nicht mitgekommen, aber bereits am Abend ruft bereits die Lufthansa an und teilt mit, mein Koffer ist am Flughafen Nürnberg angekommen. Den holen wir am nächsten Tag dort ab, alles ok!

 

Resümee: eine sehr erlebnisreiche Reise durch traumhafte Landschaften, vielleicht eine meiner schönsten, Hier hat die Reisebeschreibung im Katalog ausnahmsweise untertrieben...

 


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