P´ansori, die koreanische Einmannoperette
Die UNO-Organisation UNESCO wählte am 7. November 2003 an ihrem Sitz in Paris insgesamt 28 neue geistige Weltkulturerben aus. Die internationale Jury überprüfte insgesamt 56 Kandidaten, die von den Mitgliederländern der UNESCO für die Aufnahme in die Liste der Weltkulturerben vorgeschlagen wurden. Im Mai 2001 wurden bereits 19 Kulturgüter aus 19 Ländern zum Weltkulturerbe der UNESCO bestimmt. Dazu gehört auch die koreanische Begleitmusik zur königlichen Ahnengedenkfeier Chongmyo Cherye-ak. Nun ist die koreanische Einmann-Oper P´ansori als zweites immaterielles koreanisches Kulturgut in die UNESCO-Liste der Weltkulturerben aufgenommen worden.
Das Wort P´ansori ist eine Zusammensetzung von p´an und sori. P´an ist der Platz auf dem ein volkstümliches Spiel stattfand, das mit einer Performance vergleichbar ist. Sori bedeutet soviel wie Ton oder Klang. P´ansori sind also die Klänge, die auf einem Platz für volkstümliche Spiele erzeugt wurden. Ein P´ansori - Stück wird von einer Person nur begleitet von den Rhythmen einer Trommel aufgeführt. Es ist eine Kombination aus Spiel und Musik. Man vermutet, dass diese Kunstgattung zur Regierungszeit von König Yongju - also vor etwa 400 Jahren entstanden ist. In alten Dokumenten kommen legendäre P´ansori - Sänger vor. Es sind auch Gedichte bekannt, die Gelehrte geschrieben haben, nachdem sie sich ein P´ansori - Stück angeschaut hatten. Aufgrund solcher Dokumente vermutet man, dass P´ansori eine etwa 400jährige Geschichte hat.
P´ansori sind dem Volk überlieferte Erzählungen die zu einer bestimmten Melodie gesungen werden. Das ist der Grund warum ein P´ansori - Stück viele theatralische Elemente hat. Es gibt Erzählungen, Bewegungen und Klänge. Ein P´ansori könnte man sozusagen mit einer westlichen Operette vergleichen - mit einem Theaterstück mit Liedern. Der Unterschied ist, dass ein P´ansori - Stück von einer einzigen Person aufgeführt wird.
Auf einer P´ansori - Bühne treten nur zwei Personen auf, ein Sänger (Kwanghae) und ein Trommler (Kosu). Trotzdem wirkt die Bühne ganz voll, denn der Sänger spielt zu Rhythmen der Trommel alleine verschiedene Rollen. Es ist nicht leicht nur zur Begleitung einer Trommel mit Liedern und Erzählungen das Publikum innerlich zu berühren. Das ist die Kraft und Besonderheit eines P´ansori - Stückes. Auch in anderen Ländern gibt es Bühnenwerke in denen gesprochen und gesungen wird, aber nur in einem P´ansori gestaltet ein einziger Sänger in Einklang mit dem Trommler und dem Publikum das ganze Bühnenstück. P´ansori ist ein dynamisches Bühnenwerk, bei dem die Zuschauer mit dem Sänger verschmelzen, so dass sie sich an seinen Klängen und Worten innerlich beteiligen.
Gegen Mitte der Chosong-Dynastie zur Regierungszeit von König Yongyo (1724 - 1776) und König Chongjo (1776 - 1800) wurden 12 P´ansori - Stücke zusammengefasst. Diese waren ursprünglich volkstümliche Erzählungen die zu bestimmten Melodien gesungen wurden. Die Sagen, die dem Volk überliefert wurden, wurden von Sängern vorgetragen. Dabei bauten sie noch verschiedene Erzählungen mit ein.
Wissenschaftler haben eine Reihe von schamanischen Ritualen der südlichen Region Koreas untersucht und herausgefunden, dass die P´ansori - Operetten ihren Ursprung in diesen Ritualen haben. Sie vermuten, dass die ersten P´ansori - Stücke Ende des 16. Jahrhunderts aufgeführt wurden. Ch´unhyang-ga war das erste P´ansori - Stück, das historischen Dokumenten zufolge zu Beginn die Form eines schamanischen Rituals hatte. Damals wurde der Beruf des Schamanen in der Familie überliefert. Durch die Schamanen konnten die P´ansori - Stücke von Generation zu Generation weitergegeben werden. Sie brachten das Volk zum Lachen und Weinen und schufen so eine kollektive Heiterkeit. Alle P´ansori - Stücke haben ihren Ursprung im Schamanismus. Der Humor und die Satire, die verschiedenartigen Melodien und die Heiterkeit, alle Elemente der P´ansori - Stücke wurzeln im Leben des Volkes.
Die P´ansori - Operette wurde hauptsächlich in der Cholla-, Chungchon- und in der südlichen Region der Chonggi-Provinz überliefert. Je nach Region haben die P´ansori - Stücke eine unterschiedliche Geschichte und Klangfarbe bekommen.
Als es noch keine moderne Transportmittel gab, stellten Berge und Flüsse die Grenze zwischen verschiedenen Regionen dar. So entstanden verschiedene P´ansori - Richtungen. Je nach Klangfarbe gibt es zwei Richtungen von P´ansori. Die westliche und die östliche Schule. Um zu unterscheiden, welches P´ansori - Stück welcher Schule angehört muss man sich ein P´ansori - Stück erst einmal anhören.
Die Klänge der westlichen Schule (Sopyonye) haben sich in der nordöstlichen Region des Ssomsen - Flusses unter anderem in den Städten Unbon, Kurae und Singsae entwickelt. Zur Regierungszeit von König Chungjo ( 1776 - 1800) hat ein Sänger namens Sung Hung-No die Klänge dieser Region zusammengefasst, die dann von den Sängern Sung Gnam-Nok, Park Man-Sun, Song Ur-Jeon, Song Man-Gab und Yu Song-Ghi überliefert wurden. Später wurden sie von den Sängern Kim Chae-Jung, Tang Sa-Baek und Kang Do-Gun übernommen wo sich eine eigene musikalische Richtung gebildet hat.
Die Klänge der östlichen P´ansori - Schule (Dongpyonche) sind relativ männlich. Es wird eine schwer wirkende Stimme und gravitätische Vibration benutzt. Das sind die charakteristischen Merkmale der östlichen Schule.
Zu Beginn gab es keine östliche und westliche Schule. Aus der Familie Son, die zur Wiederbelebung der P´ansori beitrug waren viele bekannte Sänger hervorgegangen, darunter auch Song Jung-Nok. Der Sänger Song Hung-Rok betätigte sich hauptsächlich in der Stadt Kurae, östlich des Songjin-Flusses. Gegen Ende der Choson-Dynastie begann ein Sänger namens Park Ju-Jon, der im Westen des Songjin-Flusses tätig war, Klänge zu entwickeln, die sich von denen von Song Hung-Rok deutlich unterschieden, ja sogar gegensätzlich waren. Von diesen beiden Personen gingen die östliche und westliche Schule aus. Die Klänge, die Song benutze, waren männlich, gemäßigt und deutlich voneinander abgesetzt.
Merkmale der östlichen P´ansori - Klänge
Die Klänge der östlichen Schule wirken kräftig und prächtig, wogegen die der westlichen Schule zart und fein klingen. Im Stil der westlichen Schule klingt der Übergang vom vorderen Teil zum hinteren Teil eines P´ansori - Stückes fließender, und zwar weil der Stil der Volkslieder die in der südlichen Region Koreas verbreitet waren, aufrecht erhalten wurden.
Die Klänge der westlichen Schule wurden in der südwestlichen Region des Ponjin - Flusses, unter anderem in den Städten Posong, Kwangju und Nagyi überliefert. Zur Regierungszeit von König Cholchong (1819 - 1843) hat sie ein Sänger namens Park Ju-Jon zusammengefasst. Sie wurden dann von Yi Nei-Gi und Kim Jae-Man der Nachwelt weitergegeben. Durch die Sänger Song Kwang-Rok, Kim Che-Man und Chu Sa-Jon hat sich eine eigenständige Musikrichtung gebildet.
Der wahre Geschmack einer P´ansori - Stückes soll in den sogenannten Chiginsaek - Klängen zu finden sein. Es ist die Singmethode bei der sich die Stimme überschlägt. Die westliche Schule hat viele differenzierte Arten dieser Singmethode entwickelt.
Merkmale der westlichen P´ansori - Klänge
Die Klänge der westlichen Region des Pomyung - Flusses wirken so traurig als würden sie das Herz berühren. Man legte großen Wert auf die dramatische Wirkung. Die westlichen Klänge klingen im Vergleich zu denen der östlichen Schule traurig und weiblich.
Auch Klänge kann man schmücken
Tügum bedeutet soviel wie den Klang erreichen. Erst wenn ein P´ansori - Sänger dieses Niveau erreicht hat, führt er vor Publikum vor. Dafür muss er jedoch hart üben. Häufig setzten sich die P´ansori - Sänger unter einen Wasserfall und schrieen so laut wie sie konnten. Das Ziel war es, lauter als der Wasserfall schreien zu können. Man sagt, dass man aus dem Hals 20 Liter Blut ergießen muss, um das Tügum-Niveau zu erreichen. Der Weg eines P´ansori - Sängers war hart und anstrengend, er wurde von seinem Lehrer oft verprügelt oder ausgeschimpft.
Der Sänger und der Trommler eines P´ansori - Stückes werden häufig als Blume und Schmetterling bezeichnet, denn sie müssen perfekt zusammenwirken, sonst kann eine Bühne nicht lebendig gestaltet werden. Erst durch die raffinierte Zusammenwirkung zwischen Sänger und Trommler kommt ein wirklich guter Sänger hervor.
Die berühmtesten P´ansori - Sänger Koreas
Vor dem berühmten P´ansori - Sänger Song Hung-Rok gab es 8 Sänger, die hoch geschätzt wurden. Zur Zeit der japanischen Herrschaft (1910 - 1945) war unter anderem Song Nam-Kab bekannt. Später genoss der Sänger Im Pan-Ul großes Ansehen. Derzeit ist An Suk-Son ziemlich bekannt. In Gedichten über P´ansori - Operetten steht, dass man sich zu einem P´ansori - Stück die ganze Nacht hindurch bis zur Morgendämmerung vergnügt hat. Früher gab es keine große Auswahl von Bühnenstücken. Daher war P´ansori, das aus Liedern und Dramen besteht, sehr beliebt. Das Volk, sowie die Gelehrten und Beamten liebten P´ansori. Wie gesagt, ist P´ansori eine epische Erzählung, die in ein Lied umgewandelt wurde. In einer P´ansori gab es immer einen Höhepunkt, der das Publikum in Aufregung versetzte, sozusagen eine Klimax, an der eine Wende der Erzählung eintrat. Dieser Höhepunkt der mit der Arie einer Oper vergleichbar ist, wird auf koreanisch nun genannt. Nun ist der wichtigste Teil eines P´ansori - Stückes.
Alle der 5 repräsentativsten P´ansori - Stücke haben einen Nun, also einen Höhepunkt. Nach diesem Höhepunkt bekommen die Sänger immer stürmischen Applaus. Dank dieses Höhepunkts bekommen die P´ansori - Sänger auch vom ausländischen Publikum, das eigentlich gar nichts versteht, großen Beifall.
Wie ist es möglich, dass P´ansori - Stücke die Augen und Ohren der Ausländer öffnen können?
440 Hertz ist der auf internationalen Bühnen allgemein gültige Kammerton. Nicht höher und nicht niedriger. Um einen besonderen akustischen Effekt zu erzeugen, stimmen manche Musiker ihre Instrumente auf eine Schwingungszahl von 450 Hertz. Man hat dann das Gefühl, dass die Saiten eines Klaviers zerreisen. Traditionelle Musik macht einem so richtig wach, wogegen westliche Musik einem eher schläfrig macht. Auch mit westlichen Instrumenten kann man das Publikum munter machen und zwar wenn man sie auf 450 Herzt stimmt. Das ausländische Publikum ist bei einer traditionellen koreanischen Aufführung deshalb so wach und aufgeregt, weil der Kammerton altkoreanischer Instrumente ziemlich hoch ist.
Der Tonumfang der traditionellen Musik ist sehr groß, daher klingt auch eine Vibration der Töne viel tiefer. Ein P´ansori - Sänger singt im Gegensatz zur westlichen Gesangskunst, bei der schwingende Töne hervorgebracht werden, aus dem Hals heraus. Da ein P´ansori - Stück früher auf einem Platz im Freien aufgeführt wurde, benutzt man auch keine Töne für die Innenraumresonanz.
Heißt es, dass es gar keine Resonanz gab?
Nein, eben nicht! Es wird die Stimme benutzt, die einem angeboren ist. Also die echte Stimme eines Sängers. In der westlichen Gesangskunst werden alle Nebenklänge einer Stimme beseitigt. Werden nur klare und vernünftig wirkende Töne hervorgebracht. Aber P´ansori - Sänger üben so hart, dass sich ihr Stimmband entzündet und anschwillt. Über die Entzündung wächst, wie an der Ferse auch, eine Hornhaut. Wenn man das Stimmband überanstrengt, dann bekommt man eine heisere Stimme, so dass es sich anhört, als würde man stöhnen wenn man spricht. Die Resonanz der P´ansori - Singmethode ist nicht mit den Ohren zu hören. Man muss sie mit Herz und Gefühl wahrnehmen.
P´ansori ist ein vortreffliches Kulturgut Koreas. P´ansori erlebt derzeit in neuer Form einen neuen Aufschwung.
Mit neuen Erzählungen und Melodien versucht man derzeit, die gegenwärtigen Zeiten zum Ausdruck zu bringen. Einerseits bemüht man sich die traditionelle Form von P´ansori zu erhalten, andererseits werden neue Versuche durchgeführt. Man versucht z.B. mit neuen Melodien, Rhythmen und Erzählungen eine neue Kultur zu schaffen. Man ist der Ansicht, dass das ein Weg für die Wiederbelebung von P´ansori ist.
P´ansori ist eine Kunstgattung, in der die Gefühle der Koreaner in ihrer Urform vorhanden sind. Hinter den heiteren Klängen verbirgt sich Humor und Satire, sie sind ein Kulturgut, das auch im 21. Jahrhundert erhalten bleiben wird.
(Quelle: Radio Korea International in seiner Sondersendung mit dem Titel "Die Koreaner auf der Suche nach der Urform ihres Lebens" 2. Teil vom 28.03.2000)
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